Wie Sie Video-Konferenzen menschlicher und erfolgreicher gestalten

Von Annika Hartmann de Meuron

11/04/2021
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Von Annika Hartmann de Meuron

 

Vor einem Jahr wurden Videokonferenzen zur neuen Normalität in unserem Arbeitsleben. Es war der sicherste Ort für uns, um uns zu treffen und zusammenzuarbeiten. Es schien so einfach: einfach jemanden zum Gespräch einladen und wie gewohnt weitermachen. Doch nach einer Weile begannen viele von uns, sich überfordert zu fühlen. Zu viele, zu lange Videoanrufe senkten unsere Energie, unsere Leistung und das Gefühl der Verbundenheit.

Ein Grund dafür ist, dass unsere Gehirne nicht dafür ausgelegt sind, so viele Gesichter gleichzeitig zu "lesen". Dies macht Gruppen-Videoanrufe viel anstrengender als persönliche Treffen, bei denen wir uns jeweils auf eine Person konzentrieren können. Im wirklichen Leben erhalten wir ausserdem mehr Signale von unserem Gegenüber. Wir können uns die Hände schütteln, um Verbundenheit und Vertrauen aufzubauen, wir können die gesamte Körpersprache einer Person sehen und wir können sogar Geruchssignale wahrnehmen. Physisch zusammen zu sein, zwingt uns dazu, aufmerksam zu sein. Alleine in Homeoffice ist es leicht, Multitasking zu betreiben, doch Aufmerksamkeit, Verbundenheit und Produktivität leiden darunter.

Während der Ethical Leadership and Business Talks im Februar 2021 fragten wir uns: Wie können wir aufmerksame Präsenz, menschliche Verbundenheit und Produktivität bei Videoanrufen steigern? Hier sind einige Empfehlungen aus unserem Gespräch:

 

Erste Schritte

  • Bevor Sie einen Videoanruf planen, fragen Sie sich, ob Sie die Aufgabe genauso effizient mit einer E-Mail oder einem Telefonanruf erledigen könnten. Müssen Sie die Person zum Beispiel wirklich sehen, wenn Sie nur sachliche Informationen austauschen wollen?
  • Wenn ein Videoanruf die richtige Wahl ist, stellen Sie sicher, dass jeder und jede Eingeladene einen guten Grund hat, dabei zu sein und weiss, was von ihm bzw. ihr erwartet wird. Teilnehmende, die sich in der Rolle des "passiven Zuhörenden" wiederfinden, sind viel eher frustriert und enden im Multitasking.
  • Formulieren Sie die Tagesordnungspunkte in Form von Fragen. Zum Beispiel: Wie können wir den Umsatz des Konferenzzentrums steigern? Bitten Sie die Teilnehmenden, ihre Antworten ein paar Tage vor dem Meeting in ein gemeinsames Online-Dokument zu schreiben. So können sch alle vor dem Meeting vernetzen und sparen während des Meetings Zeit, da die Diskussion auf den bereits gegebenen Antworten aufgebaut werden kann. 
  • Vermeiden Sie PowerPoints, da diese dazu verleiten, "abzuschalten" und selten vollständig sind. Bitten Sie stattdessen die Teilnehmenden, schriftliche Unterlagen im Voraus zu verschicken, und bitten Sie sie, diese zu kommentieren und Feedback dazu zu geben.

 

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Foto von Dylan Ferreira auf Unsplash

 

Richtiges Timing

Es ist als Moderator bzw. Moderatorin eine wahre Kunst, einen realistischen Zeitrahmen für jeden Tagesordnungspunkt festzulegen und einzuhalten. Es ist entscheidend, die Zeit einzuhalten, da die meisten Leute im Laufe des Tages mehrere Videoanrufe haben werden und dazwischen Pausen brauchen. Die "Reise ins Büro" dauert nur Sekunden, wenn Sie von zu Hause aus arbeiten, und wir alle verbringen zu viel Zeit im Sitzen. Als Gastgeber bzw. Gastgeberin des Meetings müssen Sie in der Tagesordnung nach jeweils 50 Minuten Zeit für eine Pause von mindestens fünf Minuten einplanen, damit sich die Teilnehmenden dehnen können. Sie können hier einige Ideen für Dehnübungen finden.

 

Realistische Zahlen

Es ist nicht nur wichtig zu überlegen, wer dabei sein sollte, sondern auch, wie viele Teilnehmende realistisch gesehen produktiv sein können. Gemäss der Zwei-Pizzen-Regel von Jeff Bezos sollten nie mehr Teilnehmende anwesend sein, als von zwei Pizzen ernährt werden können. Wenn Sie sich jedoch immer mit denselben Personen treffen, kann dies das "Out-of-the-Box"-Denken und das Bewusstsein für die Bedürfnisse verschiedener Gruppen verringern. Breakout-Räume können eine effiziente Möglichkeit bieten, um ein grösseres Meeting abzuhalten, das dennoch produktiv und inklusiv ist. Die Aufteilung eines Meetings in kleinere Gruppen gibt jedem und jeder Teilnehmenden die Möglichkeit, seine oder ihre Meinung zu äussern. Diese kann dann in Form einer Nachbesprechung im Hauptmeeting aufgegriffen werden. Viele Teilnehmenden geniessen diese kleinen Gruppen. Sie ermöglichen menschliche Verbundenheit und das gemeinsame Erledigen von Dingen - etwas, das wir vermissen, wenn wir allein in unseren Heimbüros sitzen.

 

Grundlegen festlegen

Wenn Sie sich regelmässig mit der gleichen Gruppe von Personen treffen, ist es wichtig, Grundregeln zu vereinbaren, um einen sicheren Raum zu schaffen. Einige Fragen, über die Sie nachdenken sollten, sind: Sollen Kameras und Mikrofone an- oder ausgeschaltet werden? Ist es in Ordnung, zu spät zu kommen oder ein Meeting frühzeitig zu verlassen? Möchten Sie die Teilnehmenden auffordern, Kommentare abzugeben und Fragen zu stellen? Werden Sie PowerPoints zulassen? Wie werden Sie Monologe stoppen? Diese Grundregeln müssen von allen, die an regelmässigen Meetings teilnehmen, gemeinsam erstellt und von Zeit zu Zeit überprüft werden, um sicherzustellen, dass sie immer noch relevant sind.

 

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Foto von Gabriel Benois auf Unsplash

 

Die Moderatorenrolle

Moderatorinnen und Moderatoren müssen nicht nur die Zeit einhalten, sondern auch dafür sorgen, dass sich alle beteiligen und eingebunden fühlen. Bereiten Sie sich vor, indem Sie sich zwischen den Meetings Zeit nehmen, sich zu dehnen, einen Moment still zu werden, in sich hineinzuhören und sich zu fragen, wie Sie sich zeigen und was Sie denen, die an dem Meeting teilnehmen, mitgeben wollen. Mehrere Studien belegen, dass Menschen sich durch Lachen verbunden fühlen, also schauen Sie sich vielleicht etwas an, das Sie zum Lächeln bringt, bevor Sie das Meeting beginnen. Es kann auch helfen, Ihr Video auszublenden, da es ablenkend sein kann, sich selbst zu beobachten und dazu führen kann, dass Sie sich unnatürlich verhalten.

 

Tipps für eine erfolgreiche Moderation

  • Wenn die Teilnehmenden eintreffen, begrüssen Sie jeden mit Namen und geben Sie fünf Minuten Zeit für ein informelles Gespräch. Um die aktive Teilnahme während des Meetings zu fördern, ist es wichtig, alle zu Beginn kurz zu Wort kommen zu lassen. Sie können einige Eisbrecher ausprobieren, um ein lebhaftes Gespräch in Gang zu bringen.
  • Bei längeren Besprechungen können Sie die Aufmerksamkeit und Beteiligung erhöhen, indem Sie den Teilnehmenden Rollen zuweisen, z. B. die Verantwortung für die Pausenräume, die Zeitmessung oder die Erfassung der Stimmung. Sie können auch einzelne Personen nach ihrer Meinung fragen, aber geben Sie ihnen immer die Möglichkeit abzulehnen, denn es geht nicht darum, jemanden unvorbereitet ins Rampenlicht zu stellen. Um Gruppendenken zu vermeiden, fragen Sie regelmässig nach: Wer hat eine andere Antwort? Das erzeugt ein wenig Spannung und erhöht die Aufmerksamkeit.
  • Wenn wichtige Entscheidungen oder Fragen anstehen, geben Sie etwas Zeit der Stille zum Nachdenken und bieten Sie eine Runde zum Gedankenaustausch an. In einem virtuellen Raum ist es viel schwieriger, die Stimmung im Raum zu spüren, also geben Sie allen etwas Zeit zum Nachdenken, damit unausgesprochene Elemente auftauchen können. Sie können auch Tools, wie Mentimeter, verwenden, um die Stimmung einzufangen. Beginnen und beenden Sie das Meeting immer in der Galerieansicht, damit sich alle sehen können und sich verbunden fühlen.

Und schliesslich sollten Sie sich hin und wieder Zeit nehmen, um mit Ihren Kolleginnen und Kollegen über ihre Erfahrungen mit der Arbeit im Homeoffice und bei Videokonferenzen zu sprechen. Dies hilft, gemeinsam die beste Mischung für aufmerksame Präsenz, menschliche Verbundenheit und Produktivität zu definieren.

 

 

Annika Hartmann

Annika Hartmann de Meuron zeichnet für Ethisches Leadership im Business verantwortlich, das internationale Führungskräfte beim Treffen ethisch fundierter Entscheidungen unterstützen möchte. Sie entwickelt ausserdem Aktivitäten für Schweizer Unternehmen. Annika hat einen Master für internationale Beziehungen sowie Geschichte und Politik studiert. Sie hat viele Jahre als Unternehmensberaterin für Soziale Verantwortung bei der Philias-Stiftung gearbeitet. Zuvor war sie im Kommunikationsbereich des Global Humanitarian Forum und einer PR-Agentur tätig.

Erfahren Sie mehr über Ethisches Leadership im Business

 

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1954 - Saidie Patterson: "Begrabt das Kriegsbeil oder die Toten!"

Von Andrew Stallybrass

07/04/2021
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Von Andrew Stallybrass

 

Als die nordirische Gewerkschaftlerin Saidie Patterson 1954 im Konferenzzentrum in Caux eine Ansprache hielt, war es ihr wichtig zu betonen, dass die Moralische Aufrüstung (heute Initiativen der Veränderung) ihren Kampfgeist nicht geschwächt hatte. "Ich dachte, das sei etwas, das einen weich macht, und ich habe lange, lange dagegen angekämpft. Aber glaubt mir, Freunde, ich habe festgestellt, dass es viel schwieriger ist, einen Menschen zu lieben, als ihn zu hassen."

Saidie musste im Alter von 14 Jahren ihre Familie ernähren und kümmerte sich um ihre sieben Geschwister und ihren kranken Stiefvater, nachdem ihre Mutter bei der Geburt gestorben war, weil sie den Arzt nicht bezahlen konnten. Sie arbeitete in einer Leinenfabrik und führte 1940 einen Streik an, bei dem sie die volle Gewerkschaftsmitgliedschaft für die weiblichen Angestellten forderte. Zwei Jahre nach ihrer Rede in Caux wurde sie die erste Frau, die den Vorsitz der nordirischen Labour Party übernahm.

Ich habe festgestellt, dass es viel schwieriger ist, einen Menschen zu lieben, als ihn zu hassen.

Sie erzählte ihrem Publikum in Caux, dass sie durch die Gewerkschaft und die Arbeiterbewegung direkten Kontakt zu etwa 90.000 Frauen hatte. Dann beschrieb sie eine Erfahrung, die sie gerade erst bei der Konferenz gemacht hatte.  "Eine Person sagte neulich etwas zu mir, was ich ihr sehr übelnahm. Sie wissen ja, wie die Briten manchmal die Angewohnheit haben, das Richtige zu sagen, aber im falschen Moment! Er hatte Glück, dass er nicht eine Ohrfeige bekam!' Nach einer Zeit in der Stille entschuldigte sie sich für ihre Reaktion. Sie wusste, dass sie nach ihrer Abreise aus Caux Leute aus dem britischen Kabinett treffen würde. "Wenn ich hier nicht sagen konnte, dass es mir leid tat, würde ich auch nicht zurückgehen und diesen Leuten Lösungen unterbreiten können."

Bei einer anderen Gelegenheit ertappte sie sich dabei, wie sie sich beim Tee im Konferenzzentrum über das Verhalten der Amerikaner in Nordirland während des Krieges ausliess. "Ich kritisierte wieder die Amerikaner und entdeckte, dass die vier Damen, mit denen ich Tee trank, alle Amerikanerinnen waren! Dann fingen sie an, mir zu erzählen, dass alle ihre Grosseltern aus Irland stammten. Sie wurden also einfach aus Irland exportiert! Diese Lektion habe ich nie vergessen."

 

Saidie Patterson plants a memorial Peace Cross for her great-nephewin Belfast in 1979. Photograph from the Bleakley Collection.
Saidie Patterson stellt ein Friedensgedenkkreuz für ihren
Grossneffen auf, Belfast 1979 (Foto: Bleakley Collection)

 

Kurz zuvor hatte Saidie auf einer Konferenz der Labour Party gesprochen, wo sie schockiert über den Hass war, der gegenüber Deutschland und den Deutschen zum Ausdruck gebracht wurde. Sie hatte darüber gesprochen, wie sie 1950 eingeladen worden war, mit der Moralischen Aufrüstung nach Deutschland zu fahren. "Ich wollte nicht gehen. Mein eigenes Haus war zerstört worden. Ein Neffe war an seinem 21. Geburtstag getötet worden, und ich hegte einen starken Groll, aber meine Freunde sagten, dass man mit Groll kein neues Deutschland aufbauen könne. Als ich in Deutschland war, traf ich viele Frauen in ähnlichen Positionen wie ich. Eine war wegen ihrer gewerkschaftlichen Überzeugungen in einem Konzentrationslager gewesen und ihre beiden Söhne waren von den Briten getötet worden. Ich erzählte diese Geschichte auf der Konferenz und sagte ihnen: 'Ihr braucht mehr als eine Waffe in der Hand. Ihr braucht eine Idee.'"

Wenn ich hier nicht sagen konnte, dass es mir leid tat, würde ich auch nicht zurückgehen und diesen Leuten Lösungen unterbreiten können.

Nachdem sie sich 1973 aus der Gewerkschaftsarbeit zurückgezogen hatte, wurde Saidie Vorsitzende von Women Together und arbeitete daran, die Spaltung zwischen Protestanten und Katholiken in ihrem Land zu überwinden. "So etwas wie 'orangene' oder 'grüne' Tränen (die Farben der beiden Glaubensgemeinschaften) gibt es nicht. Wir weinen alle gemeinsam", sagte sie. "Wir müssen uns entscheiden, was uns lieber ist: das Kriegsbeil oder die Toten zu begraben."

Im Jahr vor ihrer Rede in Caux war Saidie von Queen Elizabeth für ihre Arbeit ausgezeichnet worden. Die Königin hatte sie gefragt, wie die Dinge für die Frauen stünden. Saidie antwortete: "Nun, Ma'am, früher waren unsere Frauen nur ein paar Hände. Jetzt, Ma'am, sind sie königliche Seelen wie Sie selbst!"

 

Lesen Sie den BBC News-Artikel über die Verleihung einer offiziellen Gedenktafel für Sadie 2018 und sehen Sie das Video von Belfast Live über die Verleihung.

 

 

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Diese Geschichte ist Teil unserer Serie "75 Jahre der Geschichten" über Einzelpersonen, die durch Caux eine neue Richtung und Inspiration für ihr Leben gefunden haben - eine Geschichte für jedes Jahr von 1946 bis 2021. Wenn Sie eine Geschichte kennen, die sich für diese Serie eignet, leiten Sie Ihre Ideen bitte per E-Mail an John Bond oder Yara Zhgeib. weiter. Wenn Sie mehr über die Anfangsjahre von Initiativen der Veränderung und das Konferenzzentrum in Caux erfahren möchten, klicken Sie bitte hier und besuchen Sie die Plattform For A New World.

 

 

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1953 – Mohamed Masmoudi: "Hör auf, die Franzosen zu verfluchen!"

Von Andrew Stallybrass

29/03/2021
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Von Andrew Stallybrass

 

In den 1950er Jahren wehte auf dem afrikanischen Kontinent ein Wind des Wandels. In vielen Ländern kam es zu Unruhen mit militanten nationalistischen Bewegungen, darunter auch in den nordafrikanischen Gebieten Frankreichs, Algerien, Marokko und Tunesien. Zu Beginn des Jahrzehnts waren 10 Länder in Afrika unabhängig. Am Ende des Jahrzehnts, im Jahr 1960, waren es 26.

Im Jahr 1953 kam der junge tunesische Nationalist Mohamed Masmoudi nach Caux. Er war damals noch keine 30 Jahre alt, ranghöchster Vertreter der nationalistischen Neo-Destour-Bewegung in Frankreich und sein halbes Leben spielte sich im Untergrund ab. Um in die Schweiz zu gelangen, wurde er damals mehr oder weniger über die Grenze geschmuggelt.

Masmoudi hatte guten Grund, Frankreich und das französische Volk zu hassen. Er hatte einige Zeit im Gefängnis verbracht und während er in Caux war, hörte er, dass auch sein Bruder verhaftet worden war. Aber in Caux traf er Französinnen und Franzosen, „die anders waren“ – und er führte „ehrliche Gespräche“ mit ihnen.

Bete um Segen für mich, aber hör auf, die Franzosen zu verfluchen.

An seinem dritten Tag hielt er, inspiriert von dem, was er über die Versöhnungen zwischen Franzosen und Deutschen in Caux gehört hatte, bei der Konferenz eine Ansprache. Masmoudi sagte über sich: „Ich war argwöhnisch, misstrauisch und sehr reizbar ... Meine Mutter schrieb mir in einem Brief, sie bete, dass Gott mich segnen und die Franzosen verfluchen möge (einige französische Polizisten hatten ihr gedroht, sie hätten vor, mich zu töten). Ich sagte ihr: ‚Bete um Segen für mich, aber hör auf, die Franzosen zu verfluchen.‘ Meiner Meinung nach kann so Veränderung eintreten.“ (siehe auch den mit der Schreibmaschine geschriebenen Auszug aus seiner Rede).

 

Masmoudi letter
                       

 

Durch seine Zeit in Caux verlor er seinen Hass auf das französische Volk. Er ging zurück nach Paris und lernte im dortigen Zentrum der Moralischen Aufrüstung (heute Initiativen der Veränderung) bei einem gemeinsamen Essen Jean Basdevant kennen, der damals im französischen Aussenministerium für tunesische Angelegenheiten zuständig war. Zwischen den beiden Männer entwickelte sich ein Vertrauensverhältnis. Basdevant und Masmoudi wurden wichtige Mitglieder der Delegationen, die über die tunesische Unabhängigkeit verhandelten, die 1956 unterzeichnet wurde.

Wann immer die Verhandlungen in eine Sackgasse gerieten, zogen sich die beiden zu einem privaten Gespräch in den Garten des Ministeriums zurück. Ein französischer Historiker aus dieser Zeit sprach von einem „Vertrauensvertrag“ zwischen den beiden. Ein Kommentator meinte, die beiden Männer hätten es mit ihren eigenen Delegationen schwerer gehabt als miteinander. Masmoudi wurde nach der Unabhängigkeit der erste tunesische Botschafter in Frankreich.

Wann immer die Verhandlungen in eine Sackgasse gerieten, zogen sich die beiden zu einem privaten Gespräch in den Garten des Ministeriums zurück.

Als er 1956 nach der Unabhängigkeit die erste tunesische Delegation bei den Vereinten Nationen in New York leitete, erklärte Präsident Bourguiba: „Die Welt muss erfahren, was die Moralische Aufrüstung für unser Land getan hat.“

Der französische Politiker Robert Schuman schrieb an den Gründer der Moralischen Aufrüstung, Frank Buchman: „Es besteht kein Zweifel, dass die Geschichte Tunesiens und Marokkos anders verlaufen wäre, wenn es die Moralische Aufrüstung nicht gegeben hätte.“

Was Masmoudi betrifft, so versicherte er: „Ohne die Moralische Aufrüstung wären wir heute in Tunesien auf Leben und Tod in einen Krieg gegen Frankreich verwickelt ... Tunesien wäre heute ein zweites Indo-China.“

In diesen Jahren wurden in Caux Delegationen aus vielen anderen afrikanischen Ländern empfangen, die sich auf dem Weg in die Unabhängigkeit von den westlichen Kolonialmächten befanden, darunter Ghana und Nigeria, Kenia und Kamerun.

 

Mohamed Masmoudi (centre), Si Bekkai
Mohamed Masmoudi (Mitte) mit Si Bekkai (links) in Caux

 

 

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Diese Geschichte ist Teil unserer Serie "75 Jahre der Geschichten" über Einzelpersonen, die durch Caux eine neue Richtung und Inspiration für ihr Leben gefunden haben - eine Geschichte für jedes Jahr von 1946 bis 2021. Wenn Sie eine Geschichte kennen, die sich für diese Serie eignet, leiten Sie Ihre Ideen bitte per E-Mail an John Bond oder Yara Zhgeib. weiter. Wenn Sie mehr über die Anfangsjahre von Initiativen der Veränderung und das Konferenzzentrum in Caux erfahren möchten, klicken Sie bitte hier und besuchen Sie die Plattform For A New World.

 

 

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1952 - Elsbeth und Adam McLean: Eine Hochzeit in Caux

Von Mary Lean

18/03/2021
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Von Mary Lean

 

Als Elsbeth Spoerry 1946 dabei mithalf, den heruntergekommenen Caux Palace für die ersten Konferenzen von Initiativen der Veänderung (damals als Moralische Aufrüstung bzw. MRA bekannt) zu säubern, konnte sie kaum ahnen, dass sie sechs Jahre später dort heiraten würde – mit über 1.000 Konferenzteilnehmenden als Gästen.

Elsbeth heiratete Adam McLean am 9. August 1952. Adam, ein stolzer Schotte, trug seinen Kilt und Elsbeths acht Brautjungfern, die aus verschiedenen Ländern stammten, trugen ihre Nationaltracht. Vier Geistliche aus drei Konfessionen nahmen die Trauung vor: "Mehr konnte man nicht verheiratet werden", schrieb Adam in seiner Autobiografie.

Die Hochzeit war auch aus anderen Gründen ungewöhnlich. Elsbeth war in Zürich als privilegiertes Kind in einer der grossen Schweizer Industriellenfamilien aufgewachsen. Adams Vater war ein Bergarbeiter in Musselborough aus der Nähe von Edinburgh. Adam verliess die Schule mit 14 und setzte seine Ausbildung in Abendkursen fort. Elsbeth besuchte die Universitäten von Zürich, Genf und Freiburg und promovierte zum Doktor der Rechtswissenschaften.

 

McLean wedding with pageboy

 

In den 1930-ger Jahren begegneten beide Initiativen der Veränderung: Elsbeth durch Hélène Mottu, die später mit ihrem Mann Philippe Mottu den Kauf des Caux Palace leitete, und Adam durch seinen Chef in der Werkstatt, in der er als Automechaniker arbeitete. Während des Zweiten Weltkrieges arbeitete Elsbeth in einer der Fabriken ihres Vaters und machte eine Ausbildung zur Rettungssanitäterin.

Als der Zweite Weltkrieg ausbrach, befand sich Adam dort und nahm an einer MRA-Kamagne teil, die zum Ziel hatte, moralische bzw. geistliche Werte aufzufrischen und die Arbeitsbeziehungen insbesondere in der Flugzeugindustrie zu verbessern. Als die USA in den Krieg eintraten, wurde er eingezogen und kämpfte in Italien, wo er verwundet und für seine Heldenhaftigkeit ausgezeichnet wurde.

Nach dem Krieg blieb er noch 14 Jahre lang in Italien und arbeitete in dieser Zeit, die von heftigen Streitigkeiten zwischen Faschisten und Kommunisten geprägt war, mit der MRA zusammen. Er lernte Elsbeth kennen, als sie für die Delegationen dolmetschte, die er nach Caux brachte, weil sie vier Sprachen sprach.

Ich glaube nicht, dass sich jemand einen perfekteren Ort hätte ausdenken können, um sich von der Hektik des Lebens zurückzuziehen und in Ruhe nachzudenken.

Adam beschrieb, wie er mit einem großen amerikanischen Auto zum ersten Mal nach Caux fuhr: "Das helle Ziegeldach und die Türmchen glänzten in der Sonne. Wegen der Leistung des Motors des amerikanischen Buicks war es nicht wirklich schwierig, die sehr steile und kurvenreiche Strasse hinaufzufahren, aber ich musste feststellen, dass es eine Herausforderung für die unmittelbar nach den Kriegsjahren gebauten Kleinwagen war, es ohne kochende oder kaputte Kühler nach oben zu schaffen. Ich glaube nicht, dass sich jemand einen perfekteren Ort hätte ausdenken können, um sich von der Hektik des Lebens zurückzuziehen und in Ruhe nachzudenken." *

Adams und Elsbeths Verlobung fand per Brief statt: Adam war in Italien und Elsbeth in den USA. Als sie zusagte, organisierte ein kommunistischer Gewerkschaftsführer eine Feier für Adam - und der ex-faschistische Schwiegervater des Gewerkschaftsführers, der sich nicht lumpen lassen wollte -  lud Adam zum Abendessen in sein Haus ein. Während des Abends stellte Adam fest, dass ihm der Hügel, den er vom Fenster seines Gastgebers aus sehen konnte, bekannt vorkam. Er hatte sich während des Krieges unter Scharfschützenbeschuss den Hügel hinaufgekämpft. "Wissen Sie, von wo aus der Scharfschütze geschossen hat?", fragte ihn sein Gastgeber. "Von dem Stuhl aus, auf den Sie Ihren Fuss gestellt haben!"

 

McLean wedding group

 

Jeder, der 1952 zu den Sommerkonferenzen nach Caux kam, wurde in die Hochzeitsfeierlichkeiten mit einbezogen. Aber einige Gäste kamen extra angereist. Unter ihnen waren der italienische Professor und sozialistische Politiker Umberto Calosso und seine Frau. Als sie in Caux ankamen, hätten sie müde gewirkt, schrieb Adam, da sie die Einladung erst einen Tag zuvor erhalten hatten. Zu diesem Zeitpunkt machten sie Urlaub in den Bergen im Piemont.

Sie mussten auf Eseln ins nächstgelegene Dorf hinabreiten und erst dort schafften sie es, einen Freund mit einem kleinen Auto zu finden.

Sie mussten auf Eseln ins nächstgelegene Dorf hinabreiten und erst dort schafften sie es, einen Freund mit einem kleinen Auto zu finden. "Genosse Umberto lud seinen Freund fröhlich zu unserer Hochzeit ein. Sie fuhren also die Nacht durch und kamen zu unserer Freude rechtzeitig zum Gottesdienst und den Feierlichkeiten an."

Adam und Elsbeth war 46 Jahre lang verheiratet, bis Elsbeth 1999 starb. Adam starb im Jahr 2008. Ihre Ehe war eine von vielen, die in den letzten 75 Jahren in Caux ihren Anfang genommen hatte und gesegnet wurden.

 

 

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Arthur McLean portrait as soldier

Adam McLean war ein geborener Geschichtenerzähler. Für seine Enkelkinder schrieb er zum ersten Mal seine Abenteuer als junger Mann auf, die ihn von den Ufern des Firth of Forth nach Hollywood, in die Flugzeugfabriken der Boeings, die US-Armee und schliesslich zurück nach Europa führten. Lesen Sie hier einen Auszug aus seiner Autobiografie:

Während er darum kämpfte, das Bewusstsein wiederzuerlangen, hörte McLean, wie sich die Träger stritten, ob es möglich sei, ihn durch den schweren Beschuss zu den Bergbahnen zu tragen.

"Nehmt Scotty und geht wieder rüber", beharrte sein Kumpel Rocky.

"Wir können nicht über dieses offene Gelände zum Berg gehen."

"Hebt ihn jetzt hoch." Sie zögerten immer noch. Adam hörte den Bolzen in Rockys Gewehr einrasten.

"Hebt Scotty auf oder ihr werdet nie wieder jemanden aufheben."

Also brachten sie ihn zurück ... und so erreichte McLean Rom, wo er den grössten Teil der nächsten zwanzig Jahre verbringen sollte und Freundschaften mit Menschen unterschiedlichster Herkunft schloss.

 

Mehr darüber in Adams Autobiografie "Whatever next".

 

 

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Diese Geschichte ist Teil unserer Serie "75 Jahre der Geschichten" über Einzelpersonen, die durch Caux eine neue Richtung und Inspiration für ihr Leben gefunden haben - eine Geschichte für jedes Jahr von 1946 bis 2021. Wenn Sie eine Geschichte kennen, die sich für diese Serie eignet, leiten Sie Ihre Ideen bitte per E-Mail an John Bond oder Yara Zhgeib. weiter. Wenn Sie mehr über die Anfangsjahre von Initiativen der Veränderung und das Konferenzzentrum in Caux erfahren möchten, klicken Sie bitte hier und besuchen Sie die Plattform For A New World.

 

  • * Whatever Next (Linden Hall, 1992)
  • Foto oben: Initiativen der Veränderung
  • Foto Adam & Hochzeit: McLean
  • Korrekturlesung: Tatjana Horbenko-Enomoto

 

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