2009: Rajmohan Gandhi - Brücken zwischen Indien und Pakistan

Von John Bond

22/11/2021
Rajmohan Gandhi 2011 Caux Forum Human Security

 

Der pulsierende Beat des pakistanischen Rockstars Salman Ahmad hallte durch das Theater von Caux. Ahmad, der zudem Arzt und UN-Botschafter ist, war einer von 25 angesehenen Menschen aus Indien und Pakistan, die 2009 nach Caux kamen, um Brücken zwischen ihren Ländern zu bauen.

 

Indian-Pakistan Dialogue 2009
Indisch-pakistanischer Dialog in Caux, 2009

 

Wie ein Minister einer der pakistanischen Provinzregierungen sagte: "Das hochgesteckte Ziel von Frieden, Sicherheit und Entwicklung wird so lange unerreichbar bleiben, bis wir lernen, einander zu vertrauen. Wir sind hier zusammengekommen, um eine Koalition des Gewissens zu schmieden."

"Koalition des Gewissens" ist ein unerwarteter Satz aus dem Munde eines Politikers, aber er drückt das Ziel jenes Mannes aus, der die Versammlung initiierte - Rajmohan Gandhi, einer der Enkel von Mahatma Gandhi.

Im Geiste seines Grossvaters hat sich Rajmohan der Überbrückung der Gräben in Südasien verschrieben. Als Geschichtsprofessor kennt er die tragischen Kosten des Konflikts zwischen Indien und Pakistan, zwischen Hindus und Menschen muslimischer Abstammung. Er weiss auch, dass Hass geheilt werden kann und er appelliert an alle, ihr Gewissen zu erforschen und ihre Rolle bei der Heilung zu entdecken. "Es geht nicht darum, zwischen 'userem' Gott und 'ihrem Gott zu wählen, denn Gott ist einer", schreibt er. "Es geht um die Wahl zwischen einem Wind, der Gift weiterträgt und dem Flüstern des einen Gottes, der uns seinen klugen Rat verkündet".

 

Rajmohan Gandhi signing copies of his history of Punjab at a Literary Festival in Karachi, Pakistan, 2014
Rajmohan Gandhi beim Signieren seines Buches über die Geschichte des Punjab bei einem Literaturfestival in Karachi/Pakistan, 2014

 

Caux erwies sich als ein geeigneter Ort für die indisch-pakistanische Diskussion. "Caux ist in meinen Augen einzigartig", schrieb ein indischer Journalist. "Vier Tage nach unserem Aufenthalt habe ich endlich verstanden, warum das so ist. Es war die Abwesenheit von Neid. Wir haben eine ganze Welt auf der Grundlage einer Verherrlichung des Wettbewerbsgeistes aufgebaut. Ein paar Tage lang  liessen wir dies alles hinter uns und unterhielten uns einfach als Menschen. Wir haben uns alle ein wenig verändert und sind uns viel nähergekommen. Ich hoffe, dass wir in der Lage sein werden, dies in die Tat umzusetzen."

. Wir haben uns alle ein wenig verändert und sind uns viel näher gekommen. Ich hoffe, dass wir in der Lage sein werden, dies in die Tat umzusetzen.

Rajmohan kam 1956 zum ersten Mal mit Mitgliedern seiner Familie nach Caux, als sie Europa besuchten. Sein Vater, Devadas Gandhi, Chefredakteur der Hindustan Times, sagte in Caux: "Wenn die Moralische Aufrüstung [wie Initiativen der Veränderung/IofC damals genannt wurde] scheitert, scheitert die Welt". Rajmohan wurde ebenfalls Journalist und war zunächst Praktikant bei The Scotsman in Edinburgh. Dort wohnte er bei einer Familie, die mit der Moralischen Aufrüstung in Verbindung stand. Er fühlte sich von ihrer Lebenseinstellung angezogen und beschloss, sich in der gleichen Arbeit zu engagieren.

 

Rajmohan Gandhi, Km Cherian, Mannath Padmanabhan
Rajmohan Gandhi (links) in Thiruvananthapuram/Indien, mit KM Cherian, Chefredakteur von Malayala Manorama, und dem Sozialreformer Mannath Padmanabhan während des Marsches auf Rädern

 

Schon bald führte er einen Marsch auf Rädern von der Südspitze Indiens nach Delhi an und forderte auf grossen Kundgebungen entlang der Strecke ein "sauberes, starkes und geeintes Indien". Viele junge Menschen schlossen sich ihm an und er und seine Kolleginnen und Kollegen veranstalteten Trainingslager, darunter auch in Panchgani in den Hügeln von Maharashtrien. 1964 rief er das wöchentliche Nachrichtenmagazin Himmat (was so viel wie Mut bedeutet) ins Leben, das nach seinen Worten "eine Flamme" war, "die den Machthabenden und den Menschen auf der Strasse die Wahrheit sagte" und als "eine Brücke über Gräben hinweg" fungieren sollte. Die Zeitschrift wurde 17 Jahre lang herausgegeben.

 

Rajmohan Gandhi Leon Sullivan
Rajmohan Gandhi mit dem amerikanischen Bürgerrechtsführer Leon Sullivan in Caux, 1983.

 

Im Jahr 1968 gründeten er mit Kolleginnen und Kollegen in Panchgani das Zentrum Asia Plateau. Seitdem nehmen dort jedes Jahr Tausende von Inderinnen und Indern an Ausbildungskursen teil und viele internationale Konferenzen haben dort stattgefunden, die alle auf der Überzeugung beruhten, dass jeder Mensche dazu beitragen kann, die Gesellschaft zum Besseren zu verändern, wenn er bereit ist, bei sich selbst zu beginnen.

Rajmohan setzt sich auf vielen Wegen für diese bessere Gesellschaft ein. Er hat für Integrität in der Politik gekämpft und war Mitglied des Oberhauses des indischen Parlaments. Als Akademiker, Journalist und Politiker setzt er sich immer wieder für Menschenrechte und Demokratie ein. Als Hindu hat er sich entschieden gegen die Versuche gewandt, muslimische Inderinnen und Inder als Bürgerinnen und Bürger zweiter Klasse zu behandeln. Mehrere der 14 Bücher über Geschichte und Biografie, die er geschrieben hat, befassen sich mit der Rolle und der Situation der Musliminnen und Muslime auf dem Subkontinent.

 

Rajmohan Gandhi in Palestine
Rajmohan Gandhi besucht Palästina

 

Und überall auf der Welt wird er zusammen mit seiner Frau Usha willkommen geheissen. Er ist ein wortgewandter Vertreter des Ansatzes von Mahatma Gandhi und sein Leben ist von den Werten seines Grossvaters geprägt - Werte, die heute so relevant sind wie eh und je.

In all diesen Jahren haben die Konferenzzentren in Caux und Asia Plateau zusammengearbeitet und der Austausch zwischen ihnen hat die Arbeit beider Organisationen zur Schaffung einer integrativeren, gerechteren und solidarischeren Gesellschaft gestärkt. Inderinnen und Inder haben ihre Erfahrungen mit der Überwindung von Korruption, der Heilung von Spaltungen und der Herstellung von Gerechtigkeit in ungerechten Situationen nach Caux gebracht.

Rajmohan und Usha Gandhi gehören zu jenen Menschen, die am meisten zum Aufbau dieser Zusammenarbeit beigetragen haben.

 

Rajmohan Gandhi and Usha in Caux photo: John Azzopardi
Rajmohan und Usha Gandhi in Caux

 

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Sehen Sie Caux gives me perspective and renewal: an interview with Prof Rajmohan Gandhi (2017)

 

Sehen Sie Rajmohan Gandhis Ansprache: Kashmir and the India-Pakistan Story (13. September 2019)

 

Sehen Sie den Dokumentarfilm über Asia Plateau, an dessen Bau Rajmohan Gandhi beteiligt war

 

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Diese Geschichte ist Teil unserer Serie "75 Jahre der Geschichten" über Einzelpersonen, die durch Caux eine neue Richtung und Inspiration für ihr Leben gefunden haben - eine Geschichte für jedes Jahr von 1946 bis 2021. Wenn Sie mehr über die Anfangsjahre von Initiativen der Veränderung und das Konferenzzentrum in Caux erfahren möchten, klicken Sie bitte hier und besuchen Sie die Plattform For A New World.

 

 

 

 

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