2015: Lisbeth Lasserre – "Der Reichtum der Kunst"
14/12/2021
Die Gründergeneration des Konferenzzentrums in Caux wollte es „zu einem Haus für die Welt“ machen. Viele spendeten Möbel, Einrichtungsgegenstände und Gemälde. Der Historiker des Caux Palace, Andrew Stallybrass, schreibt:
Vor kurzem wurde der erste von zwei Doktortiteln über Moralische Aufrüstung/Initiativen der Veränderung (MRA/IofC) in der Schweiz an Cyril Michaud verliehen. Seine vom Schweizerischen Nationalfonds (SNF) finanzierte Forschung umfasst die Jahre 1932 bis 1969.
Zu seinen Erkenntnissen gehört die wichtige Rolle, die Frauen und Familien in der Geschichte der Bewegung spielen. Ein solches Familiennetzwerk sind die Hahnloser-Jägglis. Über Generationen hinweg haben Mitglieder dieser Familie nicht nur an den Konferenzen in Caux teilgenommen, sondern auch eine wichtige Rolle bei der Finanzierung und Einrichtung des Konferenzzentrums gespielt.
Lisbeth Lasserre stammt aus Winterthur, wo ihre Grosseltern, Hedy und Arthur Hahnloser, in ihrem Haus, der Villa Flora, eine private Kunstsammlung aufgebaut hatten. Zu ihren Künstlerfreunden gehörten Bonnard, Vallotton, Giacometti, Manguin, der Bildhauer Maillol, die Malergruppe der „Nabis“ und der „Fauves“. Sie gaben ihre Leidenschaft für Kunst an die nächste Generation und an ihre Enkelin weiter.
Als hundert Schweizer Familien und Einzelpersonen beschlossen, das alte Hotel Caux Palace zu kaufen und es in ein Versöhnungszentrum umzuwandeln, war Robert Hahnloser, ein Cousin von Lisbeths Mutter, einer der beiden Unterzeichnenden des Vertrags. „Mein Onkel lud mich 1948 nach Caux ein“, sagt Lisbeth. „Ich war noch ein Schulmädchen. Ich war fasziniert von seiner grossen Vision, die Welt könne sich durch Menschen, die sich ethische Werte zu eigen machen, verändern. Ich entdeckte eine neue Perspektive!“
Ich war fasziniert von seiner grossen Vision, die Welt könne sich durch Menschen, die sich ethische Werte zu eigen machen, verändern.
Sie traf sich mit jungen Menschen aus den USA und Skandinavien, Deutschland und Frankreich und beschloss, bei Prüfungen und im Umgang mit Geld immer ehrlich zu sein. Es war schwierig, aber befreiend, ihren Eltern ihre Geheimnisse zu erzählen. Sie wollte bei der Moralischen Aufrüstung mitarbeiten, aber ihr Vater bestand darauf, sie solle zuerst eine Ausbildung machen, und so liess sie sich zur Fremdsprachensekretärin ausbilden. Danach reiste sie mit verschiedenen MRA-Theaterstücken und -Shows durch die Welt.
1969 heiratete Lisbeth den Franzosen Philippe Lasserre, der ebenfalls zu den diskreten Menschen hinter den Kulissen gehörte – bei Begegnungen in Caux war Philippe oft in einer Kabine ausser Sichtweite und dolmetschte die Reden auf dem Podium simultan. Ihr Haus in Paris wurde schnell zu einem Treffpunkt für Studierende und junge Leute. Eine junge Deutsche, die einen Monat lang bei ihnen wohnte, während sie Französisch lernte, erinnert sich, wie Lisbeth sie ins Musée d'Orsay mitnahm, ihr eine private Führung gab und ihr die impressionistischen Gemälde ausführlich erklärte.
Wir fanden Freunde in Indien, Australien und sogar in Neukaledonien, wo Franzosen nicht wirklich willkommen waren.
Philippe und Lisbeth reisten auch viel. Sie erinnert sich: „Mein Mann Philippe und ich arbeiteten für IofC in vielen Teilen der Welt. Wir fanden Freunde in Indien, Australien und sogar in Neukaledonien, wo Franzosen nicht wirklich willkommen waren.“
Viele Jahre lang bildeten die beiden das Herzstück der Redaktionen der französischsprachigen MRA-Zeitschriften, zuerst der Tribune de Caux und später bei Changer. Als solche leisteten sie Pionierarbeit bei der Verbreitung der Ideen von MRA und IofC in der französisch- und spanischsprechenden Welt.
Lisbeth und Philippe verbrachten viele Stunden im Caux Palace und in der Villa Maria, um den richtigen Platz für jedes Bild zu finden und es richtig aufzuhängen. Im besten Zimmer, 401, in dem Ehrengäste wie der Dalai-Lama empfangen wurden, sind fünf Gemälde zu bewundern, die Lisbeth gestiftet hat.
2019 starb Philippe und Lisbeth zog 2021 nach vielen Jahren in Frankreich zurück nach Winterthur, um in der Nähe ihrer Schwester und ihrer Nichten zu sein. Und in der Nähe der Villa Flora, die nach einer gründlichen Renovierung im Jahr 2023 als Kunstmuseun der Stadt für die Öffentlichkeit zugänglich sein wird.
Lisbeth schrieb kürzlich: „Wenn ich an meine mehr als 89 Jahre auf dieser Erde denke, bin ich dankbar für die Inspiration, die ich durch Initiativen der Veränderung erhalten habe und für den Reichtum der Kunst – das kann ich gar nicht in Worte fassen. Vor allem aber bin ich dankbar für den Glauben, der mich getragen hat.“
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Kunst in Caux
Die Schweizer Künstlerin Jeanne Sigg (1907–1988) gehörte ebenfalls zur „Gründergeneration“ des Konferenzzentrums der Initiativen der Veränderung in Caux. Einige ihrer Gemälde hängen im Korridor des fünften Stocks. Jeanne ermutigte andere Künstlerinnen und Künstler, dem Konferenzzentrum Werke zu schenken und organisierte Kunstverkäufe, um Geldmittel zu beschaffen. Einige der Gemälde in der Villa Maria sind Geschenke aus Jeanne Siggs Freundeskreis. Im Laufe der Jahre gab es eine Reihe von Konferenzen, bei denen Künstlerinnen und Künstler aus verschiedenen Ländern, Kulturen und Kunstrichtungen zusammenkamen, darunter der finnische Freskenmaler Lennart Segestråle.
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Diese Geschichte ist Teil unserer Serie "75 Jahre der Geschichten" über Einzelpersonen, die durch Caux eine neue Richtung und Inspiration für ihr Leben gefunden haben - eine Geschichte für jedes Jahr von 1946 bis 2021. Wenn Sie mehr über die Anfangsjahre von Initiativen der Veränderung und das Konferenzzentrum in Caux erfahren möchten, klicken Sie bitte hier und besuchen Sie die Plattform For A New World.
- Foto Villa Flora: Villa Flora, Winterthur
- Foto Philippe und Lisbeth schwarz-weiss: Initiativen der Veränderung
- Foto Geburtstag Micheline Sentis: Philippe Lasserre
- Fotos Gemälde und Korridor im 5. Stock: Cindy Bühler
- Alle weiteren Fotos: Lisbeth Lasserre
- Korrekturlesung: Teresa Healey & Tatjana Horbenko-Enomoto