2007: Mohamed Sahnoun – Verletzte Erinnerungen heilen

16/11/2021
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Mohamed Sahnoun credit IofC France
Mohamed Sahnoun

Der algerische Diplomat und Botschafter Mohamed Sahnoun war von 2006 bis 2009 Präsident von Initiativen der Veränderung (IofC) International und gründete das jährliche Forum für menschliche Sicherheit in Caux. Andrew Stallybrass aus England und der Schweiz teilte sich in Genf ein Büro mit ihm:

Kurz nach Mohamed Sahnouns Wahl zum Präsidenten von IofC International wurde er im Schweizer Fernsehen über seinen autobiografischen Roman interviewt, den er gerade veröffentlicht hatte. Ich begleitete ihn ins Studio und sass mit den Technikerinnen und Technikern im Regieraum. Die transparente Authentizität dieses Menschen ohne sichtbarem Charisma hatte sie in seinen Bann gezogen.

Während des algerischen Unabhängigkeitskrieges gegen Frankreich wurde Mohamed Sahnoun, wie viele andere junge Nationalisten, von den Sicherheitskräften verhaftet und in der berüchtigten Villa Suzini gefoltert. Er litt sein ganzes Leben lang unter den Folgen dieser schrecklichen Wochen; durch die Schläge und Ertränkungsversuche war er auf einem Ohr taub geworden.

Dieser grausame Krieg hinterliess Hunderttausende von Toten und Vertriebene und eine Geschichte, die bis zum heutigen Tag nicht völlig verheilt ist.

Fünfzig Jahre nach diesen Ereignissen veröffentlichte Sahnoun seinen Roman Mémoire blessée (Verletztes Gedächtnis). Er sagte, er habe diesen schon lange vorher für den privaten Freundeskreis geschrieben, aber erst die Berichte über die Folterungen in Abu Ghraib (Irak) im Jahr 2004 hätten ihn dazu veranlasst, ihn einem grösseren Kreis zugänglich zu machen.

Die  Hauptperson des Romans, Salem (der auf Sahnouns Leben beruht), wird von Franzosen gerettet und beschützt; der Titel des Buches könnte also auch Geheiltes Gedächtnis lauten. Anna, eine Französin, die ihm geholfen hat, sagt im Buch: "Wir müssen immer bereit sein, das Leiden als Vorläufer der Freude zu akzeptieren. Die Geburt ist vielleicht das beste Beispiel für das, was ich meine."

Die transparente Authentizität dieses Menschen ohne sichtbarem Charisma hatte sie in seinen Bann gezogen.

Mohamed Sahnoun with Katherine Marshall Caux Forum for Human Security 2017 (credit Katherine Marshall)
Mohamed Sahnoun mit Katherine Marshall von der Georgetown University beim Caux Forum für menschliche Sicherheit, 2011

 

Als Student in New York hatte Mohamed Sahnoun mitgeholfen, den ersten Staatsbesuch des Präsidenten des neuen unabhängigen Algeriens, Ahmed Ben Bella, in den USA zu organisieren. Der Besuch fand während der Kuba-Krise 1962 statt, welche die Welt in einen Atomkrieg zu stürzen drohte. Da Ben Bella nach Kuba weiterreiste, bat ihn Präsident Kennedy, als "Rückkanal" zum kubanischen Präsidenten Fidel Castro zu wirken. Bei dieser Gelegenheit traf Sahnoun zum ersten Mal mit Kennedy zusammen.

Dies war der Startschuss für seine spätere bedeutende diplomatische Laufbahn. Er war in Folge algerischer Botschafter in Deutschland, Frankreich, den Vereinigten Staaten, Marokko und bei den Vereinten Nationen. Er sehnte sich nach dem Aufblühen Afrikas und setzte sich leidenschaftlich für die Lösung der postkolonialen Grenzstreitigkeiten und anderer Konflikte ein, welche die Entwicklung Afrikas behinderten.

 

Mohamed Sahnoun with Cornelio Sommaruga, Caux Forum for Human Security 2011
Mit Cornelio Sommaruga (rechts) beim Caux Forum für menschliche Sicherheit, 2011

 

Als Sondergesandter des UNO-Generalsekretärs vermittelte er in den 1990er und frühen 2000er Jahren in zahlreichen Konflikten in ganz Afrika. Als er für die UNO-Vermittlung in fünf Ländern gleichzeitig verantwortlich war, schlief er nur im Flugzeug auf dem Weg zwischen diesen Ländern. Er weigerte sich, Medikamente gegen Malaria einzunehmen, weil er fand, dass sie ihn zu einem Zeitpunkt abstumpften, an dem seine Wachsamkeit für eine erfolgreiche Vermittlung entscheidend sein konnte.

Sein vielseitiges Einfühlungsvermögen machte ihn ausserordentlich wirksam. Im Ruhestand in Genf nahm er einmal an einem Treffen von 200 Friedensschaffenden im Maison de la Paix teil. Plötzlich unterbrach der Vorsitzende die Sitzung mit den Worten: "Darf ich Sie auf die Anwesenheit eines Mannes aufmerksam machen, der mehr Konflikte gelöst hat als die meisten von uns überhaupt je gehört haben?"

 

"Darf ich Sie auf die Anwesenheit eines Mannes aufmerksam machen, der mehr Konflikte gelöst hat als die meisten von uns überhaupt je gehört haben?"

 

Sahnoun war begeistert vom Potenzial von Caux als einem Treffpunkt für Menschen, die sich mit den Herausforderungen von Krieg, Armut und Umweltzerstörung auseinandersetzten. In einer Zeit, in der sich die westlichen Mächte auf den "Krieg gegen den Terrorismus" konzentrierten, glaubte er, das eigentliche Problem sei nicht ein Kampf der Kulturen sondern die fehlende Sicherheit im weitesten Sinne, die alle Bedingungen für ein gutes Leben umfasst. Er gründete und leitete das Caux Forum für menschliche Sicherheit, das von 2008 bis 2012 jährlich stattfand.

 

Mohamed Sahnoun Kofi Annan Cornelio Sommaruga, closure TIGE 2019
Kofi Annan, Mohamed Sahnoun und Cornelio Sommaruga beim Abschluss der TIGE-Konferenz in Caux, 2013

 

Das Forum brachte Menschen aus Politik, Diplomatie, der Akademie, der Medien, der Wirtschaft und der Kunst zusammen, um die Voraussetzungen für menschliche Sicherheit zu erforschen und eine weltweite Koalition des Bewusstseins zu diesen Themen aufzubauen.

„Die Ursachen der Unsicherheit liegen auf zwei Ebenen.“ sagte Sahnoun, „Einerseits bei sozialem Zusammenbruch, Krieg, Erniedrigung ganzer Völker, ungleicher Verteilung des Reichtums... und andrerseits bei jenem festen, hartnäckigen Bereich in jedem von uns, der aus Bitterkeit und Konflikten besteht, der Hoffnung und Glauben abtötet und uns von Erneuerung abhält.“

 

Die Lösung der Konflikte von morgen erfordert eine Diplomatie, welche die Kunst beinhaltet, Menschen wirklich zuzuhören und ihre Verletzungen zu berücksichtigen.

 

„Eine präventive Strategie gegen die Ursachen der Unsicherheit zu finden, bei der Bewältigung von Konflikten mitzuhelfen und Millionen von Menschenleben zu retten, erfordert ein noch nie dagewesenes Mass an Vertrauen und Zusammenarbeit zwischen allen Nationen und Beteiligten.“

„Die Menschheit kann sich dieser Art von Veränderung nicht entziehen, die bei jedem Einzelnen von uns beginnt, und dies bedeutet, dass wir uns persönlich herausfordern lassen und lernen zuzuhören. Die Lösung der Konflikte von morgen erfordert eine Diplomatie, welche die Kunst beinhaltet, Menschen wirklich zuzuhören und ihre Verletzungen zu berücksichtigen. Ohne dies kann die Zeitbombe der Demütigung nicht entschärft werden.“

Mohamed Sahnoun ist 2018 in Algerien gestorben. Für mich war er ein Mahatma - eine grosse Seele.

 

Mohamed Sahnoun closure TIGE 2019
Foto: Als aufmerksamer Zuhörer an der Konferenz von TIGE in Caux, 2013

 

Mohamed Sahnoun hinterlässt das Andenken an einen äusserst weisen Menschen. Es gab nur sehr wenige Männer wie ihn.»

- Cornelio Sommaruga -

   

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Sehen Sie ein Interview mit Mohamed Sahnoun beim Caux Forum für menschliche Sicherheit 2011

 

 

 

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Mehr zum Thema:

 

 

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Diese Geschichte ist Teil unserer Serie "75 Jahre der Geschichten" über Einzelpersonen, die durch Caux eine neue Richtung und Inspiration für ihr Leben gefunden haben - eine Geschichte für jedes Jahr von 1946 bis 2021. Wenn Sie mehr über die Anfangsjahre von Initiativen der Veränderung und das Konferenzzentrum in Caux erfahren möchten, klicken Sie bitte hier und besuchen Sie die Plattform For A New World.

 

  • Video: Initiativen der Veränderung Schweiz
  • Fotos (ausser Porträt und Bild mit Katherine Marshall): Initiativen der Veränderung
  • Mit Katherine Marshall: unbekannt
  • Porträt: unbekannt
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Die Welt neu gestalten: Erfahrungen aus Mexiko, Deutschland und Kolumbien

12/11/2021
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In der achten Ausgabe der CPLP Talks wird der Mut der Alumni des Caux Peace and Leadership Programmes gewürdigt, mit dem sie auf die Herausforderungen dieser Welt reagieren. Im Folgenden beschreiben Alumni aus Mexiko, Kolumbien und Deutschland, welche Initiativen sie ergreifen.

 

Eine Vision zum Leben erwecken

 

Diana Carolina Silva

Diana Carolina Silva nahm im Jahr 2018 am Caux Peace and Leadership Programme (CPLP) teil. Sie ist eine CPLP-Alumni aus Kolumbien und schreibt:

Drei Jahre nach meiner Teilnahme am Caux Peace and Leadership Programme möchte ich darüber berichten, wie mich diese Erfahrung in meiner Berufung, mit Gemeinschaften und Organisationen zu arbeiten, bestärkt und wie sie meine Arbeitsweise verändert hat.

Das CPLP war eine einzigartige Erfahrung verknüpft mit interkulturellem Austausch. Es ermöglichte mir, verschiedene Lebensgeschichten zu hören und mit Menschen aus anderen Teilen der Welt zu interagieren. Während meines Aufenthaltes im Caux-Palace habe ich direkt erfahren können, wie durch Zusammenarbeit und die Übernahme von Verantwortung eine bessere Welt geschaffen werden kann.

Dank Caux konnte ich einen anderen Führungsstil praktizieren, der darauf basiert, andere anzuerkennen, und zwar aus einer horizontalen Perspektive. Gleichzeitig begleite ich die Stärkung sozialer Organisationen in rund 15 Ländern Lateinamerikas und der Karibik.

 

Diana Carolina Silva Project Colombia

 

Meine Arbeit basiert auf einer Vision des kollektiven Aufbaus und der Intersektionalität, die sich für jede der Führungspersönlichkeiten, Organisationen und Bevölkerungsgruppen interessiert, die Teil des Prozesses sind, und nach neuen Wegen der Transformation und Wirkung sucht.

Ich konzentriere mich auf Prozesse, um den Dialog, den Erfahrungsaustausch und die Identifizierung bewährter Praktiken zu Themen wie der Demokratiestärkung, der Korruptionsbekämpfung, der Menschenrechte und dem Schutz der Schwächsten zu fördern.

Die Erfahrung in Caux hat meine Leidenschaft neu entfacht und ich habe in meinem Beruf auf die Zusammenarbeit mit neuen sozialen Organisationen über die Grenzen Kolumbiens hinaus in Lateinamerika und der Karibik hingewirkt. Als Koordinatorin für die Beteiligung der Zivilgesellschaft am Amerika-Gipfel (PASCA) und des lateinamerikanischen und karibischen Netzwerks für Demokratie (REDLAD) werde ich immer von dem begleitet, was ich in Caux gelernt habe, und vor allem von dem Lächeln, den Liedern und den langen Gesprächen, die mir diese unvergessliche Erfahrung bescherte.

 

Diana Carolina Silva Project Colombia

 

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Neue Schritte gehen

 

Sebastian Hasse

Sebastian Hasse fand seinen Weg zu IofC durch verschiedene Begegnungen, die ihn dazu inspirierten, sich in Mediation ausbilden zu lassen und 2019 am Caux Peace and Leadership Programme teilzunehmen. Er lebt jetzt in Paris, Frankreich.

Bei IofC handelt es sich um eine Gemeinschaft engagierter Menschen aus verschiedenen Kulturen und Regionen, die über Jahrzehnte gewachsen ist. Diese Gemeinschaft ist nicht frei von Konflikten, aber es herrschen Vertrauen, Verständnis und Fürsorge vor.

Ich habe es mir zur Aufgabe gemacht, diesen inneren Zusammenhalt noch weiter zu stärken, denn ich bin überzeugt, dass die Herausforderungen, vor denen die Menschheit steht, nur auf der Grundlage starker, gesunder Gemeinschaften von engagierten und selbstlosen Menschen mit einem robusten Selbstwertgefühl bewältigt werden können.

Angeregt durch meine Erfahrungen in Caux und im Rahmen des CPLP habe ich mich entschlossen, auf zwei Arten zum Erhalt der IofC-Gemeinschaft beizutragen.

Zum einen habe ich mein Heimatland Deutschland verlassen, um in den kommenden Jahren andere lokale IofC-Gemeinschaften in der Welt kennenzulernen und mit ihnen an ihren jeweiligen Projekten zu arbeiten. Ich lebe jetzt in Paris, Frankreich, wo ich sehr herzlich aufgenommen wurde. Ich hoffe, hier Einblicke in das Programm zur Vertrauensbildung zu erhalten und Französisch zu lernen, um so leichter meine Netzwerke innerhalb des globalen IofC-Netzwerks aufbauen zu können und zu kommunizieren.

Zum anderen gehöre ich zum Organisationsteam des IofC-Hub, dessen Hauptziel es ist, den inneren Zusammenhalt von IofC zu stärken. Das Besondere an der Arbeit in diesem Team sind für mich die persönlichen Kontakte, die ich mit sehr unterschiedlichen Persönlichkeiten auf der ganzen Welt knüpfen kann.

 

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Im Dienst anderer

 

Odette SolísOdette Solis aus Mexiko nahm 2018 am Caux Peace and Leadership Programme (CPLP) teil. Sie schreibt:

Ich bin Grafikdesignerin und begeistere mich für soziale Verantwortung. Die Erfahrungen beim CPLP waren ein Geschenk zur rechten Zeit, gerade als ich mein Studium abgeschlossen hatte und ich versuche, sie weiterzugeben.

Ich begann meine berufliche Laufbahn als Leiterin einer gemeinnützigen Organisation namens Soñar Despierto und wurde dann 2019 Projektmanagerin bei Endor, einer Werbe- und Designagentur. 2020 nahm ich als Designerin an Ensamble Artesano teil, einem Projekt der Fundación Haciendas del Mundo Maya, bei dem wir mehr als 2.700 Kunsthandwerkerinnen und -werker in ganz Mexiko wirtschaftlich stärkten.

Persönliche, akademische und berufliche Erfahrungen in Chile, Spanien, der Schweiz und Costa Rica haben mich zu der Person geformt, die ich heute bin, und mir die Augen dafür geöffnet, dass die Welt Führungskräfte braucht, die etwas bewirken wollen.

Soziale Verantwortung und soziales Engagement waren ein wichtiger Teil der CPLP-Erfahrung. Es hat mich darin bestärkt, dass ich meinen Beruf in den Dienst anderer stellen möchte. Ich lernte wunderbare Menschen mit unglaublichen Projekten kennen, die mich inspiriert haben.

Danach habe ich das Konto Grax Vida auf Instagram eingerichtet. Während der durch COVID19 verursachten Lockdowns im Jahr 2020 startete ich eine Kampagne namens Help from Home (Hilfe von zu Hause), die Kisten mit Hilfsgütern an mehr als 5.000 Familien in Yucatán verteilte.

 

Odette Solis CPLP Talks

 

Derzeit bin ich Projektleiterin der Palace Foundation in Yucatán. Ich leite das Refettorio Mérida, eine Suppenküche, die nicht nur Körpern, sondern auch Seelen von Menschen in prekären Lebenssituationen Nahrung geben soll. Ausserdem leiten wir die Casa de Vida Independiente, ein Wohnheim für junge Frauen, die keine familiäre Unterstützung oder finanzielle Mittel haben.

Ich werde immer dankbar sein für die Möglichkeit, Teil von etwas so Besonderem wie dem CPLP zu sein, und ich verpflichte mich, dieses Geschenk weiterzugeben.

 

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2006: Zeke Reich – Mauern der Angst durchbrechen

11/11/2021
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Zeke Reich ist Psychotherapeut in einer Klinik in Washington DC. Er erinnert sich lebhaft an eine Begegnung im IofC-Konferenzzentrum  in Caux, die seine Lebensperspektive für immer verändert hat:

 

Zeke Reich

„Ich kam zum ersten Mal mit 23 Jahren nach Caux. Ich kam aus New York und war gespannt auf die Erfahrung, aber nicht wirklich darauf vorbereitet. Ich lebte in einer insularen Welt, umgeben von einem weissen, elitären und säkularen jüdischen Freundeskreis. Weder Spiritualität noch Vielfalt hatten einen wirklichen Platz in unserer Welt - und es gelang mir leicht, Unbehagen zu vermeiden.

Ich habe die spirituelle Erfahrung in Caux geschätzt, die meine Verbindung zu meinem eigenen religiösen Hintergrund vertiefte und im Allgemeinen wusste ich auch die interkulturelle Erfahrung zu würdigen.

Ich schloss Freundschaften, revidierte Vorurteile revidiert und öffnete mich Menschen, deren Leben und Kultur sich stark von der meinen unterschieden.

Aber wenn ich mit Konferenzteilnehmenden aus Nordafrika oder dem Nahen Osten zusammen war, konnte ich diese Offenheit nicht ausweiten. Fast unbewusst bildete ich mir ein, dass ich als Jude für die Taten des Staates Israel verantwortlich gemacht wurde.

Da ich weder in der Lage war, die israelische Politik zu verteidigen noch Kritik an ihr zu tolerieren, hielt ich Abstand zu Menschen aus dieser Region und hielt mein Herz aus Angst verschlossen.

Ich hielt mein Herz aus Angst verschlossen.

Die Dinge spitzten sich während meines dritten Sommers in Caux im Jahr 2006 zu, als der Krieg zwischen Israel und der Hisbollah-Miliz im Libanon ausbrach. Ein Mann aus Beirut konnte nicht nach Hause zurückkehren, und die Teilnehmenden aus der Region waren in Aufruhr. Ich und andere jüdische Amerikanerinnen und Amerikaner in Caux hatten das Gefühl, die Augen der gesamten Konferenz seien auf uns gerichtet waren und wir repräsentierten für viele Menschen "den Feind".

Mein erster Instinkt war, mich noch mehr abzugrenzen: meine Mauern aufrechtzuerhalten, Unbehagen zu vermeiden, aus Angst die Kontrolle zu behalten. Aber dies wurde durch den Geist von Caux vereitelt - oder besser gesagt, durch die beharrliche Ermutigung durch zwei weisshaarigen Frauen aus verschiedenen Kontinenten, die es nicht zuliessen, dass ich mich der Herausforderung eines ehrlichen Dialogs entzog.

 

Zeke Reich group 2006
Bei einem Treffen im Rahmen der Agenda für Versöhnung in Caux, 2005 (Zeke ist der 4. von links)

 

Und so kam es, dass ich in einer ruhigen Ecke der grossen Halle mit einer Frau aus dem Gazastreifen sass, die ich von früheren Besuchen in Caux kannte und von der ich mich erfolgreich distanziert hatte. Ich machte mich auf eine Debatte gefasst, denn ihre Ansichten anzuhören, ohne sie zu widerlegen, hätte bedeutet, alle meine Vorfahren zu verraten.

"Ich möchte nur, dass Sie zuhören."

Aber anstatt eine Debatte zu beginnen, sagte die Frau: "Ich möchte, dass Sie mir zuhören, wie es für mich zu Hause ist. Sie müssen nicht mit allem einverstanden sein, was ich sage, und Sie müssen sich auch nicht verteidigen. Ich möchte nur, dass Sie zuhören.“ Zum ersten Mal begann ich, meine Mauern fallen zu lassen.

Sie beschrieb israelische Hubschrauber, die über ihr Haus flogen, schlaflose Nächte, in denen sie auf Explosionen wartete, tägliche Ausbrüche hilfloser Wut - unumstössliche Fakten aus ihrem Leben. Plötzlich waren Fragen der Politik und der Schuldzuweisung irrelevant. Dies war die Wahrheit ihrer Erfahrung, die ich zu schätzen wusste und für die ich mich interessierte, anstatt mich auf meine eigene Angst, beschuldigt zu werden, zu konzentrieren.

 

Zeke Reich 2006 Caux Tools for Change
Zeke spricht auf der Tools for Change-Konferenz, 2006

 

Nach dieser Nacht eröffnete sich mir eine neue Welt. Ich spielte Fussball mit einer Gruppe aus Tunesien, ging mit dem Mann aus Beirut spazieren und wachte um 4 Uhr morgens auf, um mit ägyptischen Musliminnen und Muslimen zu beten. Ich begann, jeden Menschen als Individuum zu sehen und nicht als Vertreter oder Vertreterin einer ganzen Region; und im Gegenzug hörte ich auf, mir vorzustellen, ich würde nur als Abgesandter Israels gesehen.

Gleichzeitig war ich für einige meiner neuen Freundinnen und Freunde die erste jüdische Person, die sie je getroffen hatten. Als ich jüdischen Werte erläuterte und den traditionellen Freitagabendsegen sang, freute ich mich nicht nur darüber, dass ich meine Spiritualität mit ihnen teilen konnte, sondern auch darüber, dass ich selbst eine tiefere Verbindung zu ihr hatte.

Ich begann, jeden Menschen als Individuum zu sehen, nicht als Vertreterin oder Vertreter einer ganzen Region.

Am Ende der Konferenz gab es eine Zeit des Austauschs über die Woche und ich meldete mich zu Wort. Ich sprach über die Angst, die mich beherrscht hatte, und bat meine Freundinnen und Freunde, mir meine Abwehrhaltung zu verzeihen.

Während ich sprach, spürte ich, wie mein Körper von zwei ungewohnten und doch seltsam angenehmen Empfindungen ergriffen wurde: meine Füsse, die mich auf den Boden drückten und mein Herz, das vor Freude platzte. Ich habe mich noch nie so sehr in meinem eigenen spirituellen Erbe verwurzelt gefühlt - und gleichzeitig war ich noch nie so bereit gewesen, mit anderen in Kontakt zu treten und die Mauern der Angst, die vorher existiert hatten, zu durchbrechen.

 

Mehr über die Tools for Change-Konferenz, an der Zeke 2006 in Caux teilnahm

 

Zeke Reich group 2006
Zeke im Sommer 2004 mit Teilnehmenden des Caux Scholars-Programms in Caux (Zeke sitzt als 1. vorne rechts)

 

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Zeke spricht 2006 bei der Tools for Change-Konferenz in Caux (ab 9"23')

 

 

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Diese Geschichte ist Teil unserer Serie "75 Jahre der Geschichten" über Einzelpersonen, die durch Caux eine neue Richtung und Inspiration für ihr Leben gefunden haben - eine Geschichte für jedes Jahr von 1946 bis 2021. Wenn Sie mehr über die Anfangsjahre von Initiativen der Veränderung und das Konferenzzentrum in Caux erfahren möchten, klicken Sie bitte hier und besuchen Sie die Plattform For A New World.

 

 

  • Porträt: Joanna Margueritte
  • Alle andern Fotos: Initiativen der Veränderung (IofC)
  • Video Howard Grace Report Caux 2006: IofC & For A New World-Archive
  • Korrekturlesung: Maya Fiaux

 

 

 

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Die Welt neu gestalten: Erfahrungen aus Eswatini und Kolumbien

Caux Peace and Leadership Talks 8

10/11/2021
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Caux Peace and Leadership Talks 8

 

In der achten Ausgabe der CPLP Talks wird der Mut der CPLP-Alumni gewürdigt, mit dem sie auf die Herausforderungen dieser Welt reagieren. Nachfolgend beschreiben Alumni aus Eswatini und Kolumbien ihre Initiativen.

 

Aufstehen und das Wort ergreifen

 

Tema portrait

Temantungwa Ndlangamandla aus dem Königreich Eswatini nahm 2017 am CPLP teil. Derzeit lebt sie in Taiwan. Sie schreibt: 

Am Morgen des 29. Juni erreichte mich die Nachricht, dass mein Land in Flammen stand. Das Königreich Eswatini, das voller Stolz auf eine Geschichte der Stabilität und ohne offene Konflikte blickte, stand am Rande des Chaos. 

Zum ersten Mal in unserer Geschichte wurden unbewaffnete Zivilistinnen und Zivilisten brutal ermordet und verstümmelt. 

Den ganzen Tag und die ganze Nacht setzten sich die Schiessereien fort. Am Morgen war das ganze Land rot gefärbt. Eswatini blutete. Terror und Trauma drangen in die Häuser ein wie ein Dieb in der Nacht.

Ich fragte mich: „Wie geht es mit Eswatini weiter? Lassen wir die Toten und Verwundeten in Vergessenheit geraten? Hoffen wir, dass diese Tragödie nie in die Geschichte eingehen wird, wenn wir einfach nichts tun und nur beten?“ Und dann fragte ich mich: „Was werde ich tun? Soll ich mich damit abfinden und versuchen, es wegzubeten? Oder stehe ich auf und ergreife das Wort, um den betroffenen Menschen ein Stimme zu geben?“

Meine Zeiten der Stille, die ich während des Caux Peace and Leadership Programmes gelernt habe, halfen mir, meine Aufgabe zu erkennen und herauszufinden, wo ich am meisten helfen konnte.

Was werde ich tun? Soll ich mich damit abfinden und versuchen, es wegzubeten? Oder stehe ich auf und ergreife das Wort?

Wie hart und lang der Weg auch sein mag, transformative Gerechtigkeit ist ein Ziel, das es wert ist, verfolgt zu werden. Daher stellte eine Gruppe von uns Ama Swati in Taiwan ein Team zusammen, das ich leite. Unsere Aufgabe ist es, die Stimmen der Swasi auf ihrem Weg zu mehr Lebensqualität und nachhaltigen Veränderungen zu unterstützen und zu stärken. 

Wir haben an Organisationen vor Ort gespendet und uns mit Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeitern zusammengetan, um Kinder zu betreuen, die durch verirrte Kugeln verletzt wurden. Wir arbeiten mit swasiländischen Schriftstellerinnen und Schriftstellern sowie Dichterinnen und Dichtern zusammen, um über ihre Erfahrungen in Eswatini zu berichten. Wir haben uns auch mit Künstlerinnen und Künstlern zusammengetan, um Kunst als eine Form des Engagements zu nutzen. Damit haben wir ein besseres Verständnis für die Komplexität der Arbeit vor Ort erreicht. Ausserdem haben wir angefangen, mit Organisationen in Taiwan zusammenzuarbeiten, um die Öffentlichkeit über die Geschehnisse in Eswatini aufzuklären.

Wie können wir dazu beitragen, die Welt neu zu gestalten? Zunächst einmal nehmen wir uns Zeit zum Nachdenken und sprechen über die Ungerechtigkeiten, die um uns herum geschehen. Wir müssen uns an die Seite der Menschen in Afghanistan, Simbabwe, dem Kongo und allen anderen Ländern stellen, in denen Menschenrechte verletzt werden. Caux hat mich dazu inspiriert, mich für eine Welt einzusetzen, in der Frieden herrscht und in der jeder und jede von uns sicher leben kann.

 

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Isolation überwinden

 

Colombian Youth poster CPLP Talks 8

CPLP-Alumni in Kolumbien beschreiben ihren Umgang mit den Unruhen, zu denen es im April 2021 als Reaktion auf die wirtschaftliche und politische Spaltung in ihrem Land kam und die durch die Pandemie noch verschärft wurden: 

Kolumbien ist eines der Länder der Welt, in der sich Ungleichheit am stärksten zeigt. Wir haben mehr als 50 Jahre bewaffneten Konflikts erlebt.

Im April dieses Jahres kam es zu Protesten gegen Steuerreformen, an denen sich vor allem Jugendliche aus der Unterschicht beteiligten. Der Staat ging mit übertriebener Härte vor und es kam zu Menschenrechtsverletzungen. 

CPLP-Alumni in Kolumbien schlossen sich zusammen, um einen Raum für den Dialog zu schaffen, das sogenannte Youth Beyond Borders Forum, in dem wir direkt mit Jugendlichen aus staatlichen Schulen in Bogotá in Kontakt waren. Wir wollten einen sicheren Raum schaffen, damit sie sich nicht isoliert fühlen. 

Das Forum fand im Mai statt. Es bot jungen Menschen die Möglichkeit, sich mit den CPLP-Alumni Antoine Chelala (Libanon) und Lorena Mier y Terán (Mexiko) auszutauschen, die darüber zu sprechen, wie sie in ihren Ländern Veränderungen herbeizuführen versuchen. Ismar Villavicencio aus dem lateinamerikanischen internationalen Austauschteam von IofC, stiess aus Uruguay zu uns.

Das Forum half uns, die Emotionen, die durch die Situation in Kolumbien ausgelöst wurden, ganz neu zu verstehen und junge Menschen mit der Support-Gemeinschaft von Caux zu vernetzen.

Junge Kolumbianerinnen und Kolumbianer werden bald Unterstützungsbriefe erhalten, die von We Love From, einer Initiative von CPLP- / Creative Leadership-Alumni aus Mexiko, organisiert und versandt werden.

Wir wollten einen sicheren Ort der Begegnung schaffen, damit sich junge Menschen nicht isoliert fühlen.

 

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2005: Omar Salad Elmi - Misstrauen beseitigen

09/11/2021
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Peter Riddell arbeitet für Initiativen der Veränderung in England (IofC-UK) und begleitet seit über 15 Jahren Friedensschaffende der somalischen Diaspora. Er beschreibt eine Schlüsselbegegnung, die im Sommer 2005 in Caux stattfand:

"In der somalischen Delegation gibt es zwei Personen, die Omar heissen", sagte mir der Mann von der Zimmerverteilung im Konferenzzentrum von Initiativen der Veränderung (IofC) in Caux. "Da wir keine weiteren Informationen hatten, haben wir sie im selben Zimmer untergebracht. Ich hoffe, das ist in Ordnung." Obwohl ich einer der Gastgeber der Delegation war, wusste auch ich nicht mehr und so nickte ich.

1	Somali delegation at Caux in August 2005 – back row: Omar Salad Elmi (fifth from left), Mohamed Abukar Haji Omar (eighth from right), Osman Jama Ali (sixth from right); Front row: Dr Ahmed Sharif Abbas (fifth from left)
Die somalische Delegation in Caux im August 2005 – hintere Reihe:: Omar Salad Elmi (5. von links), Mohamed Abukar Haji Omar (8. von rechts), Osman Jama Ali (6. von rechts); vordere Reihe: Dr Ahmed Sharif Abbas (5. von links). Peter Riddell stehend 4. von rechts.

In der Tat hätte die Sache sehr ungut ausgehen können. Es stellte sich nämlich heraus, dass Omar Salad Elmi, ein  ehemaliger Provinzgouverneur und Parlamentsabgeordneter, dem Clan der Hawiye angehörte, während sein Zimmerkollege, der ehemalige Parlamentsabgeordnete Mohamed Abukar Omar, zur Gemeinschaft der Benadir gehörte. Die Hawiye hatten die Benadir zu Beginn des Bürgerkriegs im Jahr 1991 gewaltsam aus der Hauptstadt Mogadischu vertrieben. Doch die Dinge entwickelten sich auf eine unerwartete Weise.

Die Geschichte reicht bis in das Jahr 1994 zurück, als Osman Jama Ali, ein in England lebender ehemaliger Regierungsminister, an einem von IofC organisierten Treffen potenzieller Friedenschaffender in Schweden teilnahm und tief davon beeinflusst wurde.

Im Jahr 2004, kurz nach seinem Rücktritt als stellvertretender Premierminister einer Übergangsregierung, der es nicht gelungen war, ihre Autorität zu etablieren, erklärte er, dass er den Rest seines Lebens dafür einsetzen wolle, sein Volk zu versöhnen. Er lud Dr. Ahmed Sharif Abbas von der Benadir-Gemeinschaft und Abdi Afrah Gure vom Hawiye-Clan ein, mit ihm zusammenzuarbeiten.

 

Somalia Greencoat Place 2005
Der englische Parlamentarier, Sir Jim Lester, heisst somalische Anführer der Clans im IofC-Zentrum in London willkommen, 2005

 

Gemeinsam versammelten sie im März 2005 die Anführenden der wichtigsten somalischen Clans der britischen Diaspora zu einem Workshop im Londoner IofC-Zentrum. In bemerkenswert kurzer Zeit erzielten sie einen Konsens über die Lage in ihrem Land und gründeten die Somali Initiative for Dialogue and Democracy (SIDD). Im August brachten sie 20 hochrangige Somalierinnen und Somalier aus verschiedenen Clans nach Caux: zehn von ihnen waren vom somalischen Premierminister für eine Teilnahme benannt worden.

"Der friedliche und ehrliche Geist, der in Caux herrschte, veranlasste uns, untereinander eine neue Art von offenen und aufrichtigen Gesprächen zu beginnen,"  erinnerte sich Omar Salad später. "Obwohl sich die meisten von uns schon seit Jahrzehnten kannten, hatten wir noch nie solche Gespräche geführt. Wir haben Zweideutigkeit und Misstrauen zwischen uns beseitigt."

« Der friedliche und ehrliche Geist, der in Caux herrschte, veranlasste uns, untereinander eine neue Art von offenen und aufrichtigen Gesprächen zu beginnen»

In einer Plenarsitzung entschuldigte sich Omar Salad bei den anwesenden Benadir für die Handlungen seines Clans - dies war das erste Mal, dass eine solche Entschuldigung ausgesprochen wurde. Die Benadir waren so beeindruckt, dass sie einen angesehenen Ältesten, Sayid Ma'alow, der in der Schweiz lebte, nach Caux einluden, um die Entschuldigung entgegenzunehmen. Sayid Ma'alow hatte geschworen, niemals mit jemandem aus den Clans, die die Gräueltaten begangen hatten, zu sprechen. Doch er willigte schliesslich ein, zu kommen.

Omar Salad schüttelte ihm die Hand und sagte: "Ich bin ein ehemaliges Mitglied der Gemeinschaft, deren Miliz Verbrechen an Ihnen, Ihrer Familie und Ihrer Gemeinschaft begangen hat, und ich möchte mit Ihnen sprechen." Sayid Ma'alow zögerte, stimmte dann aber zu, ihn anzuhören.

 

Omar Salad (left), Sayid Ma’alow (right) - Somalia
Omar Salad (links) and Sayid Ma’alow (rechts)

 

Omar Salad sagte zu ihm: "Obwohl ich persönlich mit den Gräueltaten, welche Ihnen die Miliz meiner ehemaligen Gemeinschaft angetan hat, nicht einverstanden bin, bitte ich Sie mir im Namen dieser Gemeinschaft das Vergehen gegen Sie, Ihre Familie und Ihre Gemeinschaft zu vergeben."

Nach einem Moment der Stille dankte ihm Sayid Ma'alow für seinen Mut und seine Aufrichtigkeit. "Ich kann Ihre Entschuldigung nur auf persönlicher Basis annehmen," fuhr er fort. "Es liegt an den beiden Gemeinschaften,  zusammenzukommen und darüber zu sprechen, wie das Problem gelöst werden kann." Die beiden Männer vereinbarten, sich gemeinsam für Versöhnung, Frieden und Gerechtigkeit in der somalischen Gesellschaft einzusetzen.

Die beiden Männer vereinbarten, sich gemeinsam für Versöhnung, Frieden und Gerechtigkeit in der somalischen Gesellschaft einzusetzen.

Dies war ein wichtiges Ereignis, um ein Netzwerk hochrangiger Somalierinnen und Somalier der britischen Diaspora aufzubauen, die sich für den Wiederaufbau ihres Landes einsetzten. Omar Salad kehrte nach Somalia zurück und wurde ein bekannter Friedensstifter, der sich für die Versöhnung der Clans einsetzte. Mehr als 60 Clanführer nahmen an Kursen zur Förderung des Dialogs teil, um "unseren Leuten zu helfen, wieder miteinander zu reden."

 

Somalia informal talks in Caux 2005
Informelles Treffen in den Gärten von Caux, 2005   

 

Mit Unterstützung von IofC-UK führten die Mitglieder von SIDD zahlreiche Initiativen zur Versöhnung in der Diaspora durch, informierten britische Politikerinnen, Politker sowie Diplomatinnen und Diplomaten und veröffentlichten Berichte und Zeitungsartikel. Als 2012 nach 21 Jahren Bürgerkrieg eine föderale Regierung in Somalia gebildet wurde, kehrten einige Mitglieder des SIDD-Netzwerks unter erheblichem Risiko nach Somalia zurück, um als Minister, Ministerinnen, Beratende sowie im diplomatischen Dienst den nachfolgenden Regierungen zu dienen.

Was die Verwendung des gleichen Namens als ein Kriterium für die Zimmerverteilung in Caux betrifft, empfiehlt es sich, dies nicht als allgemeines Prinzip anzuwenden. Aber in diesem Fall hat es sich als genial erwiesen!

 

Lesen Sie mehr:

 

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Somalia Prime Minister letter 2005
Auszug aus dem Schreiben des somalischen Premierministers, in dem er 10 Mitglieder der Delegation benennt, die 2005 nach Caux reiste

 

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Diese Geschichte ist Teil unserer Serie "75 Jahre der Geschichten" über Einzelpersonen, die durch Caux eine neue Richtung und Inspiration für ihr Leben gefunden haben - eine Geschichte für jedes Jahr von 1946 bis 2021. Wenn Sie mehr über die Anfangsjahre von Initiativen der Veränderung und das Konferenzzentrum in Caux erfahren möchten, klicken Sie bitte hier und besuchen Sie die Plattform For A New World.

 

 

  • Fotos: Initiativen der Veränderung & Peter Riddell
  • Foto oben: Erstes Treffen von Benadir und Hawiye - gegen den Uhrzeigersinn von rechts: Sayid Ma'alow, Hassan Mohamud Geeseye, Omar Salad Elmi, Mohamed Abukar Haji Omar, unbekannt, Khalid Maou Abdulkadir, Dr. Ahmed Sharif Abbas
  • Korrekturlesung: Maya Fiaux

 

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2004: Das Housekeeping-Team - "Mein Traum, der Welt zu dienen, wurde wahr"

Von Mary Lean

08/11/2021
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Von Mary Lean

 

Bevor Sie in Ihrem Zimmer in Caux ankommen, war schon jemand vom Zimmerdienst (Housekeeping) vor Ihnen da, um zu überprüfen, ob alles sauber und das Bett gemacht ist und ob die Glühbirnen funktionieren. Und wenn Sie mit den neumodischen Zimmerschlüsseln nicht zurechtkommen - oder den Wasserhahn in einem der älteren Bäder nicht bedienen können – wird Ihnen jemand von diesem Team Hilfe leisten.

Maya Fiaux Housekeeping
Maya Fiaux
Monica McIntosh
Monica McIntosh

„Lange Zeit wollte ich nicht im Zimmerdienst mitarbeiten," erinnert sich Maya Fiaux aus der Schweiz, die später rund 30 Jahre dem Team vorstand. „Früher dachte ich, das sei etwas für ältere Frauen, bis ich eines Tages bei einer Winterkonferenz dort mitarbeitete und einsah, dass dieses Team verjüngt werden musste.“

Vor jeder Konferenz half Maya mit, eine Gruppe von Frauen aus der ganzen Schweiz zu empfangen, die in den Caux Palace kamen, um die rund 450 Betten zu machen. „Ich erinnere mich, dass mich eine von ihnen fragte, ob ich jemals Zeit zum Heiraten haben würde. Sie wusste nicht, dass mein zukünftiger Ehemann mir gerade einen Heiratsantrag gemacht hatte!“

Während der Konferenzen leitete Maya ein Team, das sich aus Konferenzteilnehmenden zusammensetzte. Im Jahr 1998 war auch Monica McIntosh (später Ellis) mit dabei, eine Beamtin der Wohnungsbehörde im Londoner Stadtteil Ealing. Sie hatte gerade eine schmerzhafte Scheidung hinter sich und die Begleitung, die sie durch Maya und ihre Teamkolleginnen sowie Initiativen der Veränderung (IofC) in London erlebte, bewirkte eine Veränderung in ihrem Leben.

Der Einsatz im Housekeeping heisst :Teamarbeit, Vertrauensbildung, Integration, Multikulturalismus und Gemeinschaftsbildung.

Bei einer Konferenz in Australien im Jahr 2009 erzählte Monica, wie sich die Praxis des inneren Zuhörens, die sie durch IofC erlernt hatte, auf ihre Arbeit in der Wohnungsbehörde auswirkte. „Während meiner Zeiten der Stille wurde mir eines Tages bewusst, dass ich gegenüber Bewohnerinnen und Bewohnern einer staatlichen Wohnsiedlung, die baufälligen geworden war, unehrlich war. Dies hatte zu einem Vertrauensbruch geführt."

 

Housekeeping medley

 

"Ich stand vor einer schwierigen Entscheidung. Obwohl mein Direktor sagte, uns stünden eine Reihe von Rechtsstreitigkeiten bevor, entschuldigte ich mich für das Unrecht. Dadurch konnten wir eine vertrauensvolle Zusammenarbeit aufbauen.“

„In Caux führte Monica im Team neue Elemente ein, förderte die Teambildung und Effizienz und machte die Grundwerte von IofC nicht nur im ganzen Haus, sondern weit darüber hinaus bekannt," sagt Maya. „Als sie einige Tage bei uns in unserer Wohnung in der Nähe von Lausanne verbrachte, ergriff sie bei einer von uns organisierten Veranstaltung das Wort. Eine meiner Freundinnen war von dem, was sie sagte, so beeindruckt, dass sie zu einer regelmässigen Helferin in Caux wurde."

 

Housekeeping team
Das Team der Housekeeper:  Monica und Maya sitzen in der ersten Reihe ganz links

 

Mit der Zeit übernahm Monica die Koordinierung des gesamten Zimmerdienstes. Um jüngere Menschen anzusprechen, erstellte sie ein Handbuch, in dem die Aufgabe des Teams wie folgt beschrieben wurde: 'Eine Atmosphäre des Willkommens und der Fürsorge schaffen, in der wir die Werte, über die wir in den Konferenzen sprechen, in die Praxis umsetzen: Teamarbeit, Vertrauensbildung, Integration, Multikulturalismus und Gemeinschaftsbildung.'

Bukiwe Maseko
Bukiwe Maseko

Als Monica nach ihrer Wiederverheiratung nach Barbados zog, übernahm Bukiwe Maseko, eine Geschäftsfrau aus Südafrika, die Koordination des Zimmerdienstes. „Ich hatte immer den Traum, der Welt zu dienen," sagte sie. „Als ich in Caux ankam, spürte ich, dass mein Traum in Erfüllung gegangen war. Dieser Ort ist so warm und einladend. Man hat Zeit, sich gegenseitig zuzuhören und den Geist echter Teamarbeit zu erleben. Vor allem aber erfährt man die Erfüllung, sich um die Menschen zu kümmern. Das ist es, was die Welt braucht.“

Sowohl Monica als auch Bukiwe waren in ihren eigenen Ländern bei IofC aktiv, vor allem im Programm Creators of Peace. Monica war einige Jahre lang Schatzmeisterin von Creators of Peace International, und nach ihrem Umzug nach Barbados organisierte sie dort den ersten Creators of Peace-Friedenskreis in der Karibik. Bukiwe war von 2004 bis zu ihrem Tod im Jahr 2016 im Alter von 52 Jahren Schatzmeisterin von IofC Südafrika.  Leider verstarb auch Monica ein Jahr später im Alter von 68 Jahren.

Man erfährt die Erfüllung, sich um die Menschen zu kümmern. Das ist es, was die Welt braucht.

„Wir hatten so viel Spass bei der Zusammenarbeit," erinnert sich Maya. „Wir mussten sehr vorsichtig mit unseren Passschlüsseln umgehen. Manchmal haben wir einen davon verloren. Dann hat das ganze Team an allen möglichen und unmöglichen Orten gesucht. Einmal fanden wir den fehlenden Schlüssel in einem Blumentopf!“

Die sogenannten Housekeeper sind nur eines der vielen Freiwilligen-Teams, die hinter den Kulissen arbeiten und das Konferenzzentrum von Caux in den letzten 75 Jahren am Laufen gehalten haben.

 

Housekeeping medley

 

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Diese Geschichte ist Teil unserer Serie "75 Jahre der Geschichten" über Einzelpersonen, die durch Caux eine neue Richtung und Inspiration für ihr Leben gefunden haben - eine Geschichte für jedes Jahr von 1946 bis 2021. Wenn Sie mehr über die Anfangsjahre von Initiativen der Veränderung und das Konferenzzentrum in Caux erfahren möchten, klicken Sie bitte hier und besuchen Sie die Plattform For A New World.

 

  • Fotos: Porträts Maya und Monica, Gruppe, Schlafzimmer: Initiativen der Veränderung
  • Foto Bukiwe: Mike Brown
  • Alle weiteren Fotos: Ulrike Ott Chanu
  • Korrekturlesung: Maya Fiaux

 

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Von Frédéric Chavanne

 

Zwischen 2003 und 2013 war das Konferenzzentrum in Caux Schauplatz von sieben politischen Dialogen zwischen tief zerstrittenen Führungspersönlichkeiten aus Burundi. Diese Dialoge brachten Vertretende von politischen Parteien und bewaffneten Rebellenbewegungen, ehemalige Präsidenten der Republik, religiöse Führende und Aktivistinnen und Aktivisten der Zivilgesellschaft zusammen. Die Treffen waren vertraulich und diskret und fanden oft ausserhalb der Hauptsaison der Sommerkonferenzen statt.

Michel Kipoke
Michel Kipoké

Ziel dieser Zusammenkünfte war es, Burundi vom Bürgerkrieg zu befreien - und zwar durch eine geistige Vorarbeit und die Zusammenführung von Menschen. Die beteiligten Personen wurden aufgefordert ihre Motive und Einstellungen zu überprüfen, die Wunden der Vergangenheit zu heilen, sich von ihren Ängsten zu befreien und ihre eigene Verletzlichkeit zu zeigen. Die Moderierenden schlugen keine Lösungen oder gar einen Dialog vor, sondern suchten gemeinsam mit den Protagonistinnen und Protagonisten nach Wegen, um dauerhafte Lösungen herbeizuführen.

Bonaventure Nkeshimana
Bonaventure Nkeshimana

Diese runden Tische und Seminare bildeten den Höhepunkt eines langen Prozesses, der im Jahr 2000 begann. Die Initiatoren waren Thomas Ntambu und Michel Kipoké aus der Demokratischen Republik Kongo und Bonaventure Nkeshimana aus Burundi. Geduldig und methodisch trafen sie sich persönlich mit Menschen aus den verschiedenen politischen Lagern und bauten vertrauensvolle Beziehungen auf.

Thomas Ntambu
Thomas Ntambu

Thomas Ntambu war ein ehemaliger Militäroffizier, der einer politisch-militärischen Gruppe angehörte, die den Sturz der Mobutu-Diktatur anstrebte. Er war Rechtsanwalt und arbeitet heute als Experte für Friedenskonsolidierung. Nach seinem Treffen mit Initiativen der Veränderung (IofC) sagte er über die Rebellen: "Wir mussten uns mit denselben Probleme auseinandersetzen wie diejenigen, die wir anprangerten: Träume von Macht, Villen, Luxusautos, Frauen." Er begriff, dass ohne eine Verhaltensänderung jede Revolution enttäuschend sein würde und war voller Hoffnung, dass Menschen sich ändern könnten.

Der Rechtsanwalt Michel Kipoké war bei den grossen Medien wegen seiner Debatierfähigkeiten sehr gefragt. Er sagte, er habe erst bei IofC gelernt, zuzuhören. „Das Wichtigste ist nicht, was wir unseren Partnern zu sagen haben, sondern was sie uns zu sagen haben", sagte er. „Durch Zuhören, Wohlwollen und Demut angesichts der eigenen Grenzen eignen wir uns eine neue Geisteshaltung an.” Er pflegte zu sagen: "Caux löst keine Probleme, aber es schafft eine Atmosphäre, in der sie gelöst werden können".

Das Wichtigste ist nicht, was wir unseren Partnern zu sagen haben, sondern was sie uns zu sagen haben

Bonaventure Nkeshimana, ehemaliger Bürgermeister eines Hutu-Viertels in Bujumbura, der Hauptstadt von Burundi, war der Kontaktmann zu allen Beteiligten.

Aldo Ajello, der Vertreter der Europäischen Union für die Region der Grossen Seen, traf die burundischen Delegierten beim ersten Runden Tisch im März 2003. Am Ende sprach er vom "Wunder von Caux". In seinem Bericht stellte er fest, dass es "dem von IofC organisierten Kolloquium eindeutig gelungen ist, das Eis zwischen den burundischen Kriegsparteien zu brechen".

 

Seminar Burundi 2012
Teilnehmende des ersten Runden Tisches in Caux, März 2003 (von links nach rechts): der Vizepräsident der Rebellenbewegung Palipehutu-FNL, ein Armeeoffizier, Thomas Ntambu, ein Minister der burundischen Regierung, Michel Kipoké. Vordere Reihe: ein Vertreter der Rebellenbewegung CNDD-FDD und der Präsident der politischen Partei Frodebu

 

Im Frühjahr 2003 erklärten zwei Führer der bewaffneten Rebellenbewegung CNDD-FDD, ihre Teilnahme am Runden Tisch in Caux habe entscheidend dazu beigetragen, dass sie den bewaffneten Konflikt verlassen und wieder in den politischen Prozess eintreten konnten.

Caux löst keine Probleme, aber es schafft eine Atmosphäre, in der sie gelöst werden können.

Im Juni 2003 wurde ein weiterer Runder Tisch organisiert, um den Dialog zwischen der burundischen Regierung und der Palipehutu-FNL, der radikalsten Rebellenbewegung, die noch immer vor Ort aktiv ist, fortzusetzen (siehe Foto oben, mit Regierungs- und Armeevertretenden auf der linken Seite und der Delegation der Rebellenbewegung mit roten Mützen auf der rechten Seite).

Es bedurfte weiterer drei Jahre, in denen die Palipehutu-FNL-Anführenden begleitet wurden, um sie aus ihrer Kriegslogik zu befreien. Im September 2006 unterzeichneten sie ein Waffenstillstandsabkommen.

 

Round Table Burundi 22 April 2007
Teilnehmende des Runden Tisches in Caux (April 2007) mit dem Vertreter der burundischen Regierung (3. von rechts) und zu seiner Rechten dem ehemaligen Präsidenten von Burundi, Syvestre Ntibantuganya

 

In ihrem Bericht über die Lage in Burundi vom Oktober 2012 stellte die renommierte Internationale Krisengruppe fest, der runde Tisch in Caux habe in jenem Jahr "die Grundlagen für einen Dialog zwischen der Opposition und der Regierungspartei" geschaffen.

Das Eidgenössische Departement für auswärtige Angelegenheiten (EDA) übernahm den grössten Teil der Finanzierung dieser Begleitarbeit und der runden Tische.

 

Erfahren Sie mehr über den Friedensprozeses

Seminar Burundi 2012
Runder Tisch, Caux 2012

 

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Diese Geschichte ist Teil unserer Serie "75 Jahre der Geschichten" über Einzelpersonen, die durch Caux eine neue Richtung und Inspiration für ihr Leben gefunden haben - eine Geschichte für jedes Jahr von 1946 bis 2021. Wenn Sie eine Geschichte kennen, die sich für diese Serie eignet, leiten Sie Ihre Ideen bitte per E-Mail an John Bond oder Yara Zhgeib. weiter. Wenn Sie mehr über die Anfangsjahre von Initiativen der Veränderung und das Konferenzzentrum in Caux erfahren möchten, klicken Sie bitte hier und besuchen Sie die Plattform For A New World.

 

 

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2002: Erika Utzinger - 200 Meter Geschichte

27/10/2021
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Die Archive des Konferenz- und Seminarzentrums von Caux, die sich heute im Besitz des Kantons Waadt befinden, sind eine unerschöpfliche Quelle von wertvollen Informationen. Die Schweizer Archivarin Eliane Stallybrass beschreibt die Arbeit zur Bewahrung der Geschichte von Caux für die Zukunft, die mit der Entschlossenheit einer einzigen Frau begann.

Erica Utzinger and her husband Beni working in the archives
Erika und ihr Mann Beni bei der Arbeit in den Archiven

Erika Utzinger (Foto oben im hellgrünen Pullover) hat nicht viel Lärm gemacht. Wahrscheinlich hat sie nie von der Rednerbühne des Caux-Palace aus gesprochen, aber ihre Arbeit hat das Konferenz- und Seminarzentrum von Caux für kommende Generationen auf die Landkarte gesetzt.

Als hauptamtliche Mitarbeiterin bei der Moralischen Aufrüstung (MRA) jetzt Initiativen der Veränderung/IofC hat sie viele Jahre lang als Sekretärin für mehrere Personen (Männer!) geleistet. Sie sah all die Dokumente, mit denen sie zu tun hatten, und war überzeugt, dass sie nicht verloren gehen durften.

1961 begann sie, alle schriftlichen Dokumente zu sammeln, die sie in die Finger bekam: Briefe, Berichte, Zeitungen....

Sie fand einen Platz im Korridor des dritten Stocks des Caux Palace, neben den Büros, um diese Dokumente zu lagern. Der Schweizer Serge Borel half ihr, indem er Regale und ein System von Hängemappen baute, die sie beschriftete. Sie begann, jedes Papier an den richtigen Platz zu legen, je nach Jahr, nach Thema, nach Person. Es war eine riesige Arbeit. Sie besuchte einen Kurs über den Umgang mit Archiven. Geduldig sammelte sie Jahr für Jahr alles, was herumlag, und schuf so einen aussergewöhnlichen Fundus an internationalem Material.

Sie hat nicht viel Lärm gemacht. Aber ihre Arbeit hat das Konferenz- und Seminarzentrum von Caux für kommende Generationen auf die Landkarte gesetzt.

Archives Eliane Cyril Brian
Eliane Stallybrass, Cyril Michaud (Mitte) und Brian Thirlaway (rechts) in den Archiven

 

Es war nicht immer leicht für sie. Die Leute konnten nicht verstehen, warum sie das tat. Es schien ihnen wichtiger, sich mit der Gegenwart zu beschäftigen als mit der Vergangenheit. Aber wenn sie ein Dokument brauchten, marschierten viele einfach in die Archive und bedienten sich, sehr zu Erikas Verzweiflung.

Micheline Tripet,
Micheline Tripet

1997 verliess ich meine ganz-zeitliche Arbeit bei IofC und suchte nach einem Job. Das war schwierig. Aber die Archivarin der Stadt Genf, Micheline Tripet, die in den Anfängen der MRA in Caux mitgewirkt hatte, verhalf mir zu einer Stelle beim Sortieren von Papieren für eine bekannte Genfer Familie.

Am Anfang war ich nicht sehr begeistert. Archive waren alte Papiere an einem stickigen Ort! Aber ich entdeckte, wie faszinierend das sein konnte. Einer der Pioniere von IofC in der Schweiz, Daniel Mottu, bat mich ebenfalls, mich um seine Papiere zu kümmern.

So wurde ich neugierig, das Archiv in Caux zu sehen, und besuchte den Ort, an dem Erika so eifrig arbeitete. Sie hoffte, dass ich sie ablösen würde. Ich musste sie enttäuschen. Dann kam Micheline mit dem Vorschlag, unser Archiv dem Waadtländer Kantonsarchiv (ACV) zu geben. Wir hatten keine Ahnung, dass dies möglich war.

Am Anfang war ich nicht sehr begeistert. Archive waren alte Papiere an einem stickigen Ort! Aber ich entdeckte, wie faszinierend das sein konnte.

Wir luden den Direktor des ACV, Gilbert Coutaz, nach Caux ein. Er sah sich die meterlangen Hängemappen an und sagte, er würde alles übernehmen. So verbrachten Erika und ich zwei Jahre damit, alle Dokumente nach den Regeln des ACV zu indexieren und übergaben schliesslich 2002 die ersten 160 Meter an das Waadtländer Archiv.

 

Moving the Caux archives
Umzug von Teilen des Archivs von Caux nach Lausanne

 

In Anwesenheit der lokalen Behörden fand eine wunderbare Veranstaltung statt, bei der Erika gebührend gedankt wurde. Gilbert Coutaz sagte: "Die Moralische Aufrüstung kehrt in den Waadtländer Boden zurück." Cornelio Sommaruga, der damals als Präsident der Schweizerischen Stiftung für Initiativen der Veränderung das Projekt unterstützt hatte, begrüsste es als Beweis für die Bereitschaft von IofC, offen und transparent zu sein.

Wir haben jetzt 200 Meter erreicht, und es geht weiter. Als Gilbert Coutaz entdeckte, dass wir Filme, Aufnahmen von Treffen, den Text und die Musik von 548 Liedern und vieles mehr besassen, ermutigte er uns, alles dem ACV zu geben. Jetzt kümmere ich mich um die Fotos, was mir manchmal Kopfzerbrechen bereitet, da auf vielen keine Angaben darüber zu finden sind, wer auf ihnen zu sehen ist, wann sie aufgenommen wurden und von wem!

 

Archives Cyril Thesis 2021
Cyril Michaud bei der Verteidigung seiner Doktorarbeit, 2021

Wir sehen bereits die Früchte dieser Arbeit. Mehrere Studenten haben in den Waadtländer Archiven über die MRA geforscht. Der jüngste ist Cyril Michaud, der soeben seine Doktorarbeit zum Thema "Moralische Aufrüstung auf Schweizer Boden. Von 1932 bis 1969". Es handelt sich um die erste von zwei Dissertationen, die vom Schweizerischen Bundesfonds für wissenschaftliche Forschung finanziert wurden. Die zweite, von Audrey Bonvin, erstreckt sich auf den Zeitraum ab 1970 und wird in einigen Wochen präsentiert.

Die Initiativen der Veränderung und das Konferenz- und Seminarzentrum von Caux werden wahrhaftig Teil der Geschichte.

 

 

Archives article 28 February 2002 in "24 heures"
Zeitungsbericht über die Schenkung des Archivs in 24 heures, 28. Februar 2002: "Schenkung von weltweitem Interesse".

 

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Diese Geschichte ist Teil unserer Serie "75 Jahre der Geschichten" über Einzelpersonen, die durch Caux eine neue Richtung und Inspiration für ihr Leben gefunden haben - eine Geschichte für jedes Jahr von 1946 bis 2021. Wenn Sie eine Geschichte kennen, die sich für diese Serie eignet, leiten Sie Ihre Ideen bitte per E-Mail an John Bond oder Yara Zhgeib. weiter. Wenn Sie mehr über die Anfangsjahre von Initiativen der Veränderung und das Konferenzzentrum in Caux erfahren möchten, klicken Sie bitte hier und besuchen Sie die Plattform For A New World.

 

  • Fotos: Initiativen der Veränderung und Eliane Stallybrass
  • Zeitungsartikel: 24 heures (28. Februar 2002)
  • Korrekturlesung: Maya Fiaux

 

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2001: Cornelio Sommaruga - "Grüss Gott!'

26/10/2021
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Um die Jahrhundertwende war Cornelio Sommaruga Präsident der Stiftung von Caux und später von IofC International. Andrew Stallybrass arbeitete in Genf mit ihm zusammen. Er schreibt:

Ich habe Cornelio Sommaruga zum ersten Mal bei einer privaten Dinnerparty getroffen. Er war damals Leiter des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz (IKRK) und kam gerade aus Kuba zurück, wo er mitten in der Nacht, kurz vor seiner Abreise, Fidel Castro getroffen hatte.

 

Sommaruga in Somalia while President of the ICRC credit ICRC Pierre Boussel
Mit Kindern in Somalia als Präsident des IKRK

Nachdem er das Rote Kreuz verlassen hatte, wurde er 1999 Präsident der Stiftung von Caux. Er spielte eine wichtige Rolle bei der Umbenennung von Moral Re-Armament (Moralische Aufrüstung) zu Initiatives of Change (IofC) (Initiativen der Verönderung) im Jahr 2001 und bei der Gründung des Dachverbandes von IofC International im Jahr 2002, dessen erster Präsident er wurde.

Sein Engagement für IofC und die Konferenzen von Caux, insbesondere zum Thema menschliche Sicherheit, führte viele Personen in internationalen Kreisen dazu, diese schwer zu klassifizierende Bewegung neu zu bewerten. Mehrmals habe ich in Genf gehört, wie Leute sagten: „Wenn Cornelio dabei ist, muss ich mir das noch einmal ansehen!”

Wenn Cornelio dabei ist, muss ich mir das noch einmal ansehen!

Wir arbeiteten im Genfer IofC-Büro zusammen, in der Nähe der Vereinten Nationen und in Sichtweite seines früheren IKRK-Hauptquartiers. Eines Morgens, als wir die üblichen Förmlichkeiten austauschten, teilte ich ihm mit, dass ich ein wenig erschüttert sei - bei meiner Frau war gerade Brustkrebs diagnostiziert worden. Am nächsten Tag erhielt sie eine handgeschriebene Karte von ihm, und er hatte meine tiefe Dankbarkeit und Zuneigung gewonnen.

 

Image
Mit Amina Dikedi (links) und Msgr. Fortunatus Nwachuku in Caux, 2006

 

Sommaruga ist eine grosse, breite, imposante Erscheinung, die jeden mit "Grüss Gott" anredet. Er erklärt, dass man sich mit diesem Gruss, der in Österreich, Bayern und der Ostschweiz gebräuchlich ist, bei jeder Begegnung auf eine dritte Gegenwart beruft. „Wir sind nicht allein auf dieser Welt,” sagt er. Er hat Freunde auf allen Kontinenten. Er kennt die Welt - und die Welt kennt ihn!

Wir sind nicht allein auf dieser Welt.

Sommarugas Wurzeln liegen im Tessin, dem italienischsprachigen Kanton der Schweiz. Er wurde 1932 als erstes von sechs Kindern in einer nach Rom entsandten Schweizer Diplomatenfamilie geboren. Er nennt zwei Dinge, die ihn am meisten geprägt haben: den christlichen Glauben seiner Eltern und die Pfadfinderbewegung. Sein erster humanitärer Einsatz war, als Freiwilliger auf einer Wallfahrt nach Lourdes den Behinderten zu helfen. 

 

Cornelio Sommaruga  at UN
Bei einem hochrangigen Treffen bei der UNO in Genf (Dritter von links), 2015

 

Bis zu seinem 20. Lebensjahr besass er die schweizerische und italienische Doppelstaatsbürgerschaft. Sein Vater schickte ihn in eine Privatschule, damit er sich nicht der faschistischen Jugendbewegung in Mussolinis Italien anschliessen musste. Während des Krieges blieb sein Vater zwei Jahre lang in Rom, während der Rest der Familie gleich jenseits der Schweizer Grenze in Lugano lebte. Beide Eltern halfen Juden, der Verfolgung zu entkommen - sein Vater füllte die Betten der Kinder in Rom mit Menschen auf der Flucht, und seine Mutter half Flüchtlingen, sich in der Schweiz niederzulassen. Diese Erfahrungen vermittelten ihm ein besonderes Verständnis für den Holocaust und das jüdische Volk.

Heute, mit fast 90 Jahren, kämpft er darum, sich von Long Covid zu erholen. An den Wänden seines Zimmers im Erholungsheim hängen Bilder seiner sechs Kinder und 16 Enkelkinder, die sich einmal im Jahr über Pfingsten versammeln und schon allein ein  kleines Hotel beinahe füllen.

 

Sahnoun and Sommaruga
Mit seinem Freund und Nachfolger als Präsident von IofC International, Mohammed Sahnoun

Sommaruga bleibt Ehrenpräsident der IofC International Association. Er spricht von einem "wunderbaren internationalen Netzwerk von motivierten Menschen," sieht aber die Notwendigkeit von mehr Transparenz zwischen den nationalen Gruppen.

Er führte das Thema "Globalisierung der Verantwortung für die menschliche Sicherheit" in die Caux-Konferenzen ein. Er ist besorgt darüber, dass die Welt den eigentlichen Ursachen der Gewalt zu wenig Aufmerksamkeit schenkt: "Die enormen wirtschaftlichen und sozialen Ungleichheiten zwischen und innerhalb von Staaten; der legale und illegale Waffenhandel insbesondere von Kleinwaffen." Die Zivilgesellschaft muss seiner Meinung nach versuchen, diesen Kräften entgegenzuwirken.

 

Cornelio Sommaruga and Christine Beerli at Caux
Im Gespräch mit Christine Beerli, Präsidentin von Initiativen der Veränderung Schweiz, in Caux

„Sie braucht einen multilateralen, interkulturellen und interreligiösen Ansatz,” betont er. Aber er ist davon überzeugt, dass wir nicht alleine sind. "Die Macht, die uns den freien Willen gegeben hat, kann diejenigen, die guten Willens sind, dazu inspirieren, sich für eine bessere Zukunft einzusetzen. Es gibt mehr Menschen, als Sie denken, die von Gott oder ihrem Gewissen inspiriert sind und sich für einen wahren und dauerhaften Frieden einsetzen.” Sommaruga ist überzeugt, dass jeder von uns „eine ethische Verantwortung hat, sich für Versöhnung durch Vergebung und Gerechtigkeit einzusetzen,” angefangen bei uns selbst.

Wenn ich an Sommaruga in Caux denke, sehe ich ihn, wie er am Dessertbuffet im Speisesaal Eis serviert und dabei lacht. Es ist wichtig zu dienen und dabei gesehen zu werden.

Die Macht, die uns den freien Willen gegeben hat, kann diejenigen, die guten Willens sind, dazu inspirieren, sich für eine bessere Zukunft einzusetzen.

 

Cornelio Sommaruga, Mohamed Sahnoun, Kofi Annan in Caux
Mit Kofi Annan und Mohamed Sahnoun in Caux, 2013

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  • Foto Somalia: IKRK / Pierre Boussel
  • Foto 2006: Isabelle Mermindo
  • Alle anderen Fotos: Initiativen der Veränderung
  • Korrekturlesung: Maya Fiaux
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2008 wurde ein ungewöhnlicher Kurs über den islamischen Ansatz zur Friedensstiftung ins Leben gerufen, der von Imam Ajmal Masroor aus England entwickelt wurde. Der Koordinator des Kurses, Peter Riddel...


2000: Angela Starovoytova und Konstiantyn Ploskyi - Die Masken fallen lassen

24/10/2021
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Um die Jahrtausendwende kamen viele junge Ukrainer nach Caux. Einige von ihnen übernahmen die Leitung von Foundations for Freedom (F4F). Dies ist ein Programm für junge Menschen, das Kurse über die Werte anbot, welche die Grundlage der Demokratie bilden. (Lesen Sie auch unsere Geschichte über Erik Andren). Zu ihnen gehörten Angela Starovoytova und Kostiantyn Ploskyi, die im Jahr 2000 zum ersten Mal nach Caux kamen.

Später wurde F4F in der Ukraine registriert, wo das Projekt "Healing the Past" (die Vergangenheit heilen) Menschen aus den gespaltenen Gemeinschaften des Landes zusammenbrachte. F4F war auch ein Katalysator für die ukrainische Initiative für eine partizipative Planung des Staatshaushaltes, bei der die Bewohner von rund 230 Städten mitbestimmen, wie das Geld ihrer Gemeinde ausgegeben wird.

 

Angela Starovoytova schreibt:

Angela Staravoytova

Als ich im Jahr 2000 zum ersten Mal nach Caux kam, war ich bereits seit einigen Jahren mit Initiativen der Veränderung (IofC) in Verbindung und organisierte Kurse der Foundations for Freedom in der Ukraine. Ich hatte gerade ein Jahr mit IofC in Grossbritannien verbracht. Überall, wo ich hinkam, erzählte man mir, wie toll Caux sei. Das weckte grosse Zweifel in mir: Wie war es möglich, dass etwas so perfekt sein konnte?

Ich kam zu Beginn des Sommers an und war eine der letzten, die am Ende abreisten. Beim Silberpolieren, bevor die Konferenz begann, freundete ich mich mit einem 60- oder 70-jährigen Franzosen an. Wir sprachen über alles - Männer, Beziehungen, Werte, ruhige Zeiten. Ich erinnere mich, dass er mir sagte, ich solle meine Lebenswerte nie herunterschrauben: Das leitet mich auch heute immer noch.

Am Ende des Sommers verliess ich Caux mit der klaren Idee, dass dieser Ort nicht so ideal war, wie es aussah. Man konnte unter all diesen Menschen einsam sein. Alle lächelten mich an, aber ich glaubte nicht, dass sie es ernst meinten. Vielleicht habe ich mir den Sommer verdorben, indem ich versuchte, mir selbst zu beweisen, dass Caux nicht so toll war, wie man mir gesagt hatte.

Ich erinnere mich, dass er mir sagte, ich solle meine Lebenswerte nie herunterschrauben: Das leitet mich auch.

Im nächsten Jahr kam ich mit einer anderen Einstellung. Ich wollte herausfinden, warum sich die Menschen in Caux so wohl fühlten, dass sie sich öffneten. Ich begann zu verstehen, warum die Leute mich anlächelten und glaubte, dass sie es ehrlich meinten. Ich wurde eine von ihnen. Ich hiess die Menschen willkommen, wo immer ich ihnen begegnete. Während ich in den verschiedenen Abteilungen des Hauses arbeitete und bei Konferenzen half, wurde ich selber zur Gastgeberin. 

 

Angela 2000
Angela während ihrer ersten Zeit in Caux, 2000

Über 20 Jahre hinweg war Caux ein Ort der Erneuerung und Inspiration, den ich immer mit neuer Energie und frischen Ressourcen verlassen habe. Ich arbeite jetzt als Dialog-Facilitatorin und verwende Methoden wie gewaltfreie Kommunikation und Raum für Reflexion.

Meine Erfahrungen in Caux haben mir gezeigt, dass Menschen, die einen sicheren Rahmen um sich herum haben, anfangen, offen und direkt miteinander zu sprechen. In meiner Arbeit geht es darum, eine Atmosphäre zu schaffen, in der die Menschen ihre politischen Masken ablegen und zu Menschen werden können.

Caux war ein Ort der Erneuerung und Inspiration, den ich immer mit neuer Energie und frischen Ressourcen verlassen habe.

 

Club for Young Leaders, Angela 2014, Caux (photo Diana Topan)
Angela mit Teilnehmern der Woche der internationalen Gemeinschaft in Caux, 2014

 

Kostiantyn Ploskyi erinnert sich:

Kostiantyn Ploskyi

Mein Freund und ich kamen spät in der Nacht in Montreux an - ich glaube, es war im Jahr 2000. Wir wussten nicht, wie wir nach Caux kommen sollten, also gingen wir zum Polizeiposten und sassen dort zwei oder drei Stunden lang, bis jemand nach Caux anrief und organisierte, dass wir abgeholt wurden. Wir wollten nicht für ein Taxi bezahlen, also haben wir uns von der Polizei helfen lassen.

Das war typisch für meine Einstellung als 25-Jähriger. Meine zentrale Idee im Leben war es, zu konsumieren - von allen um mich herum zu profitieren. Meine Gründe, mich bei Foundations for Freedom (F4C) zu engagieren, waren in erster Linie egoistisch.

Die Menschen in Caux erkannten, wie ich war, aber sie akzeptierten mich trotzdem. Ich weigerte mich, einen Beitrag zu den Kosten meines Aufenthalts zu leisten, aber ich wurde immer wieder eingeladen. Schliesslich wurde ich innerlich berührt. All diese Besuche in Caux waren kleine Schritte, um mich für den Glauben zu öffnen.

Einige Jahre später gehörte ich zu dem Team, das eine Tagung über Dienst, Verantwortung und Führung organisierte. Ich musste auf der Rednerbühne sprechen und wusste nicht, was ich sagen sollte. Ich verbrachte eine Stunde unter der Dusche, um darüber nachzudenken, und mir wurde klar, dass ich mich bei den Freunden entschuldigen sollte, die ich meiner Meinung nach betrogen hatte.

Die Menschen in Caux erkannten, wie ich war, aber sie akzeptierten mich trotzdem.

Meinem Zustand ins Auge zu sehen - und in der Versammlung darüber zu sprechen - war ein grosser Wendepunkt. Ich war immer der gute Kerl gewesen, der lächelte und scherzte. Zum ersten Mal war ich offen.

Im Jahr 2006 nahm ich an einem internationalen Treffen von Initiativen der Veränderung in Malaysia teil. Zu diesem Zeitpunkt leitete ich in der Ukraine ein grosses Projekt. Ich wurde gut bezahlt, aber ich hatte keinen inneren Frieden. Eines Abends nach dem Treffen flüchtete ich mich in einen Nachtclub. Ich blieb die ganze Nacht dort, während sich meine Gastgeber Sorgen machten, was mit mir passiert war. 

 

Image
Ein Treffen von Foundations for Freedom in der Ukraine, 2019. Kostiantyn ist der zweite von links, neben John Bond. Angela ist die Vierte von links und sitzt am Tisch.

 

Auf dem langen Flug nach Hause kamen mir einige klare Botschaften darüber in den Sinn, wie ich lebte. Mir wurde klar, dass ich mein Leben wahrscheinlich gerne ändern würde.

Aber ich konnte mich nicht ändern. Von Zeit zu Zeit hatte ich morgens eine Zeit des stillen Nachdenkens, und schliesslich, nachdem ich mich lange gegen den Gedanken gewehrt hatte, beschloss ich, mich bei den Mädchen zu entschuldigen, die ich benutzt hatte, ohne an eine Beziehung zu denken. Ich begann, ein wenig echte Freiheit zu spüren.

Mir wurde klar, dass ich mein Leben wahrscheinlich gerne ändern würde.

Dann, nach einer christlichen Klausurtagung, kam mir der Gedanke, dass ich mich bei den Spenderorganisationen, die ich betrogen hatte, entschuldigen sollte. Ich brauchte Monate, um ihnen zu schreiben.

Als mich der ukrainische Vertreter einer dieser Organisationen in sein Büro einlud, rechnete ich damit, ins Gefängnis zu kommen. Aber er bedankte sich bei mir und wir sprachen zwei Stunden lang über unsere persönlichen Herausforderungen. Das war ein weiteres Stück Freiheit. 

Danach begann ich, sonntags die Messe zu besuchen. Rückblickend kann ich feststellen, wie jene Rückreise von Malaysia in die Ukraine tatsächlich dazu geführt hat, dass ich zum Glauben fand. Sonst hätte ich nie akzeptiert, dass das, was ich tat, falsch war. Als meine Frau und ich heirateten, wurden wir in der Kirche getraut. Wir haben jetzt vier Kinder.

 

Foundation for Freedom committee 2019 in Ukraine
Das Komitee der Stiftungen für die Freiheit in der Ukraine, 2019. Kostiantyn ist der Vierte von links.

 

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Diese Geschichte ist Teil unserer Serie "75 Jahre der Geschichten" über Einzelpersonen, die durch Caux eine neue Richtung und Inspiration für ihr Leben gefunden haben - eine Geschichte für jedes Jahr von 1946 bis 2021. Wenn Sie eine Geschichte kennen, die sich für diese Serie eignet, leiten Sie Ihre Ideen bitte per E-Mail an John Bond oder Yara Zhgeib. weiter. Wenn Sie mehr über die Anfangsjahre von Initiativen der Veränderung und das Konferenzzentrum in Caux erfahren möchten, klicken Sie bitte hier und besuchen Sie die Plattform For A New World.

 

  • Porträt Kostiantyn: Kostiantyn Ploskyi
  • Porträt Angela: Fotograf unbekannt
  • Foto Angela mit WIC-Teilnehmerinnen: Diana Topan
  • Porträt Angela: Fotograf unbekannt
  • Fotos F4F in der Ukraine 2019: Claude Bourdin
  • Fotokreis in den Gärten von Caux: Initiativen der Veränderung
  • Foto oben Angela: Anton Iemelianov
  • Korrekturlesung: Maya Fiaux

 

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