2003 : Burundi – Zehn Jahre politischer Dialog

Von Frédéric Chavanne

05/11/2021
Round Table Burundi 22 April 2007

 

Zwischen 2003 und 2013 war das Konferenzzentrum in Caux Schauplatz von sieben politischen Dialogen zwischen tief zerstrittenen Führungspersönlichkeiten aus Burundi. Diese Dialoge brachten Vertretende von politischen Parteien und bewaffneten Rebellenbewegungen, ehemalige Präsidenten der Republik, religiöse Führende und Aktivistinnen und Aktivisten der Zivilgesellschaft zusammen. Die Treffen waren vertraulich und diskret und fanden oft ausserhalb der Hauptsaison der Sommerkonferenzen statt.

Michel Kipoke
Michel Kipoké

Ziel dieser Zusammenkünfte war es, Burundi vom Bürgerkrieg zu befreien - und zwar durch eine geistige Vorarbeit und die Zusammenführung von Menschen. Die beteiligten Personen wurden aufgefordert ihre Motive und Einstellungen zu überprüfen, die Wunden der Vergangenheit zu heilen, sich von ihren Ängsten zu befreien und ihre eigene Verletzlichkeit zu zeigen. Die Moderierenden schlugen keine Lösungen oder gar einen Dialog vor, sondern suchten gemeinsam mit den Protagonistinnen und Protagonisten nach Wegen, um dauerhafte Lösungen herbeizuführen.

Bonaventure Nkeshimana
Bonaventure Nkeshimana

Diese runden Tische und Seminare bildeten den Höhepunkt eines langen Prozesses, der im Jahr 2000 begann. Die Initiatoren waren Thomas Ntambu und Michel Kipoké aus der Demokratischen Republik Kongo und Bonaventure Nkeshimana aus Burundi. Geduldig und methodisch trafen sie sich persönlich mit Menschen aus den verschiedenen politischen Lagern und bauten vertrauensvolle Beziehungen auf.

Thomas Ntambu
Thomas Ntambu

Thomas Ntambu war ein ehemaliger Militäroffizier, der einer politisch-militärischen Gruppe angehörte, die den Sturz der Mobutu-Diktatur anstrebte. Er war Rechtsanwalt und arbeitet heute als Experte für Friedenskonsolidierung. Nach seinem Treffen mit Initiativen der Veränderung (IofC) sagte er über die Rebellen: "Wir mussten uns mit denselben Probleme auseinandersetzen wie diejenigen, die wir anprangerten: Träume von Macht, Villen, Luxusautos, Frauen." Er begriff, dass ohne eine Verhaltensänderung jede Revolution enttäuschend sein würde und war voller Hoffnung, dass Menschen sich ändern könnten.

Der Rechtsanwalt Michel Kipoké war bei den grossen Medien wegen seiner Debatierfähigkeiten sehr gefragt. Er sagte, er habe erst bei IofC gelernt, zuzuhören. „Das Wichtigste ist nicht, was wir unseren Partnern zu sagen haben, sondern was sie uns zu sagen haben", sagte er. „Durch Zuhören, Wohlwollen und Demut angesichts der eigenen Grenzen eignen wir uns eine neue Geisteshaltung an.” Er pflegte zu sagen: "Caux löst keine Probleme, aber es schafft eine Atmosphäre, in der sie gelöst werden können".

Das Wichtigste ist nicht, was wir unseren Partnern zu sagen haben, sondern was sie uns zu sagen haben

Bonaventure Nkeshimana, ehemaliger Bürgermeister eines Hutu-Viertels in Bujumbura, der Hauptstadt von Burundi, war der Kontaktmann zu allen Beteiligten.

Aldo Ajello, der Vertreter der Europäischen Union für die Region der Grossen Seen, traf die burundischen Delegierten beim ersten Runden Tisch im März 2003. Am Ende sprach er vom "Wunder von Caux". In seinem Bericht stellte er fest, dass es "dem von IofC organisierten Kolloquium eindeutig gelungen ist, das Eis zwischen den burundischen Kriegsparteien zu brechen".

 

Seminar Burundi 2012
Teilnehmende des ersten Runden Tisches in Caux, März 2003 (von links nach rechts): der Vizepräsident der Rebellenbewegung Palipehutu-FNL, ein Armeeoffizier, Thomas Ntambu, ein Minister der burundischen Regierung, Michel Kipoké. Vordere Reihe: ein Vertreter der Rebellenbewegung CNDD-FDD und der Präsident der politischen Partei Frodebu

 

Im Frühjahr 2003 erklärten zwei Führer der bewaffneten Rebellenbewegung CNDD-FDD, ihre Teilnahme am Runden Tisch in Caux habe entscheidend dazu beigetragen, dass sie den bewaffneten Konflikt verlassen und wieder in den politischen Prozess eintreten konnten.

Caux löst keine Probleme, aber es schafft eine Atmosphäre, in der sie gelöst werden können.

Im Juni 2003 wurde ein weiterer Runder Tisch organisiert, um den Dialog zwischen der burundischen Regierung und der Palipehutu-FNL, der radikalsten Rebellenbewegung, die noch immer vor Ort aktiv ist, fortzusetzen (siehe Foto oben, mit Regierungs- und Armeevertretenden auf der linken Seite und der Delegation der Rebellenbewegung mit roten Mützen auf der rechten Seite).

Es bedurfte weiterer drei Jahre, in denen die Palipehutu-FNL-Anführenden begleitet wurden, um sie aus ihrer Kriegslogik zu befreien. Im September 2006 unterzeichneten sie ein Waffenstillstandsabkommen.

 

Round Table Burundi 22 April 2007
Teilnehmende des Runden Tisches in Caux (April 2007) mit dem Vertreter der burundischen Regierung (3. von rechts) und zu seiner Rechten dem ehemaligen Präsidenten von Burundi, Syvestre Ntibantuganya

 

In ihrem Bericht über die Lage in Burundi vom Oktober 2012 stellte die renommierte Internationale Krisengruppe fest, der runde Tisch in Caux habe in jenem Jahr "die Grundlagen für einen Dialog zwischen der Opposition und der Regierungspartei" geschaffen.

Das Eidgenössische Departement für auswärtige Angelegenheiten (EDA) übernahm den grössten Teil der Finanzierung dieser Begleitarbeit und der runden Tische.

 

Erfahren Sie mehr über den Friedensprozeses

Seminar Burundi 2012
Runder Tisch, Caux 2012

 

_________________________________________________________________________________________________________________________________

 

Diese Geschichte ist Teil unserer Serie "75 Jahre der Geschichten" über Einzelpersonen, die durch Caux eine neue Richtung und Inspiration für ihr Leben gefunden haben - eine Geschichte für jedes Jahr von 1946 bis 2021. Wenn Sie eine Geschichte kennen, die sich für diese Serie eignet, leiten Sie Ihre Ideen bitte per E-Mail an John Bond oder Yara Zhgeib. weiter. Wenn Sie mehr über die Anfangsjahre von Initiativen der Veränderung und das Konferenzzentrum in Caux erfahren möchten, klicken Sie bitte hier und besuchen Sie die Plattform For A New World.

 

 

Featured Story
Off
Event Categories
75 stories 75th anniversary

zum gleichen Thema

This is us square 8.png

75 Jahre Geschichten: Unser Team!

Als wir im Februar 2021 die Reihe 75 Jahre der Geschichten über 75 Jahre der Begegnungen im Konferenzzentrum von Initiativen der Veränderung in Caux starteten, hatten wir keine Ahnung, auf welches Abe...

Caux in snow 2021 credit Cindy Bühler

2021: Initiativen der Veränderung Schweiz – Die Türen von Caux für ein neues Kapitel öffnen

Unsere Serie von 75 Geschichten über 75 Jahren der Begegnungen im Konferenzzentrum von Initiativen der Veränderung in Caux neigt sich dem Ende zu. Die Präsidentin von Initiativen der Veränderung Schwe...

Aad Burger

2020: Aad Burger – Den Virus erwischt

Als Reaktion auf die Pandemie ging das Caux Forum 2020 erstmals online. Das Organisationsteam stellte fest, dass Caux dadurch für Menschen auf der ganzen Welt zugänglich wurde, die unter normalen Umst...

Marc Isserles 2017

2019: Marc Isserles – "Wir müssen die Kinder retten"

Beim Caux Forum 2019 präsentierte der Genfer Rechtsanwalt Marc Isserles eine bewegende One-Man-Show, die ein ergreifendes Kapitel der Geschichte des Caux Palace beschrieb....

Wael Broubaker climate actionist

2018: Wael Boubaker – "Der Klimawandel sollte äusserste Priorität sein"

Als der tunesische BWL-Student Wael Boubaker 2018 am Caux Peace and Leadership Programme (CPLP) teilnahm, erwartete er ausser einer schönen Landschaft eine Konferenz, die sich gut in seinem Lebenslauf...

Tanaka Mhunduru CPLP

2017: Tanaka Mhunduru – Ein Zuhause für die Welt

Tanaka Mhunduru aus Simbabwe ist einer der Organisatoren des Caux Peace and Leadership Programme (CPLP), einem einmonatigen Programm für junge Menschen aus der ganzen Welt. Er nahm 2017 zum ersten Mal...

Diana Damsa Winter Gathering 2016

2016: Diana Damsa – "Es gab mir das Gefühl, etwas beitragen zu können."

Die Winterbegegnungen 2016 war für Diana Damsa eine besondere Erfahrung – nicht nur, weil sie Caux im Winter erlebte, sondern auch, weil sie zum ersten Mal seit acht Jahren keine Verantwortung hinter ...

Philippe and Liseth Lasserre

2015: Lisbeth Lasserre – "Der Reichtum der Kunst"

Lisbeth Lasserre stammt aus Winterthur, wo ihre Grosseltern, Hedy und Arthur Hahnloser, in ihrem Haus, der Villa Flora, eine private Kunstsammlung aufgebaut hatten. Zu ihren Künstlerfreunden gehörten ...

Catherine Guisan

2014: Catherine Guisan – Damit Europa kein unvollendeter Traum bleibt

Catherine Guisan ist ausserordentliche Gastprofessorin an der Universität von Minnesota, USA und hat zwei Bücher über die ethischen Grundlagen der europäischen Integration geschrieben. Im Jahr 2014 hi...

Tom Duncan

2013: Tom Duncan – Wiederherstellung eines gesunden Planeten

2013 fand zum ersten Mal der Caux-Dialog über Land und Sicherheit (CDLS) in voller Länge statt. Die Dialoge sind eine Partnerschaft zwischen dem Programm Initiatives for Lands, Lives and Peace (ILLP),...

Merel Rumping

2012: Merel Rumping – Hinken mit Würde

Als Merel Rumping aus den Niederlanden 2012 zum ersten Mal nach Caux kam, hatte sie ein Ziel vor Augen: "Ich wollte herausfinden, wie ich durch meine berufliche Tätigkeit zu einer gerechteren Welt bei...

Lucette Schneider

2011: Lucette Schneider - Entscheidungen, die den Zauber von Caux ausmachen

Viele Jahre lang organisierte die Schweizerin Lucette Schneider das Team, das sich frühmorgens versammelte, um Gemüse für die Küche des Konferenzzentrums in Caux zu waschen, zu schälen und zu schneide...

Mohan Bhagwandas 2003

2010: Mohan Bhagwandas - Bewältigung der Integritätskrise

Mohan Bhagwandas ist sich seines ökologischen Fussabdrucks nur allzu bewusst. In den 13 Jahren von 2006 bis 2019 flog er 17 Mal von seiner Heimatstadt Melbourne (Australien) in die Schweiz, um an den ...

Rajmohan Gandhi 2011 Caux Forum Human Security

2009: Rajmohan Gandhi - Brücken zwischen Indien und Pakistan

25 angesehene Menschen aus Indien und Pakistan kamen 2009 nach Caux, um Brücken zwischen ihren Ländern zu bauen....

Iman Ajmal Masroor

2008: Learning to be a Peacemaker – "Die Augen gegenüber der Welt öffnen"

2008 wurde ein ungewöhnlicher Kurs über den islamischen Ansatz zur Friedensstiftung ins Leben gerufen, der von Imam Ajmal Masroor aus England entwickelt wurde. Der Koordinator des Kurses, Peter Riddel...