Alles, was ich denken konnte, war: "Bin ich in Sicherheit?

15/04/2021

 

Temantungwa

Temantungwa Ndlangamandla wurde im Königreich Eswatini geboren, lebt aber in Taiwan. Sie nahm 2017 am Caux Peace and Leadership Programme (CPLP) teil, das sie als eine lebensverändernde Erfahrung beschreibt. Sie geniesst Diskussionen über Frauen, Kultur und Sprache und wie diese die Gesellschaft beeinflussen. Hier ist ihre Geschichte:

Ich habe mich als Frau in meiner Gesellschaft nie sicher gefühlt. In meiner Kultur gibt es eine Tradition, nach der ein Junge einem Mädchen nach Hause folgt und ihr dabei seine Liebe erklärt. Es ist ein alter Brauch, bei dem ein Mann die Liebe einer Frau gewinnt, indem er sie zermürbt. Für die Frau ist es oft anstrengend und beängstigend, das mitzumachen. Ich sage das, weil man als Frau in dem Moment, in dem ein Mann einem nach Hause folgt, Angst davor hat, was als nächstes passieren könnte.

Ich erinnere mich, wie auch ich diese Tortur durchgemacht habe. Ein Junge aus der Gegend hatte Interesse an mir gezeigt. Ich sagte ihm, dass ich kein Interesse daran hatte, mit ihm zusammen zu sein, aber das hielt ihn nicht davon ab, mir seine Liebe zu gestehen. Ich sagte immer wieder nein, aber er blieb hartnäckig. Ich blieb stehen, schaute ihn an und versuchte ihm so höflich wie möglich zu erklären, dass es mit ihm nie funktionieren würde.

Meine Kultur hatte mir beigebracht, dass ich, wann immer ich mit einem Mann sprach, höflich, respektvoll und bescheiden sein musste.

Ich ging nach Hause und glaubte, dass ich ihm dieses Hirngespinst ausgetrieben hatte. Doch zu meiner Überraschung folgte er mir, als ich am nächsten Morgen zum Lebensmittelgeschäft eilte. Das ging drei Monate lang so, und obwohl ich mich verfolgt fühlte, war es eine kulturell angemessene Vorgehensweise. Ich fühlte mich in die Enge getrieben und hatte keine andere Wahl, als meine Brüder zu informieren. Sie lachten mich bloss aus.

Ich werde wütend, weil niemand zugehört hat, niemand mich ernst genommen hat.

Aufgrund unseres kulturellen Hintergrunds konnte ich meinen Brüdern nicht die ganze Wahrheit erzählen. Ich konnte ihnen nicht von den Beleidigungen erzählen, die ich jedes Mal ertragen musste, wenn ich seine Annäherungsversuche zurückwies. Ich konnte ihnen nicht erzählen, wie er mein Internat ausfindig machte und dann zu mir kam und mich sehen wollte. Ich konnte ihnen nicht erzählen, wie er meine Telefonnummer herausbekam und mir drohte, mich zu verletzen. Und als ich mich traute, anderen meine Geschichte zu erzählen, lachten sie mir ins Gesicht.

Sie sagten mir, sie würden das unter Männern klären, aber das geschah nie. Ich ertrug die Belästigungen ein Jahr lang, bis er wegzog. Ich dachte, ich hätte die Tortur überwunden, bis ich ihn in der Stadt wiedersah. Ich erstarrte und konnte mich nicht mehr bewegen. Mein Körper war steif und ich schwitzte stark. Es fühlte sich an wie eine Ewigkeit. Das hielt solange an, bis er weg war. Ich nahm einen anderen Bus nach Hause, da ich bei meiner Tante wohnte und nicht wollte, dass er meine neue Adresse erfuhr. Ich konnte in dieser Nacht nicht schlafen. Alles, woran ich denken konnte, war: „Bin ich in Sicherheit?".

Ich werde immer noch wütend, wenn sein Name in Gesprächen erwähnt wird. Ich werde wütend, weil niemand zugehört hat, niemand mich ernst genommen hat. Es schien, als würde niemand Wert auf meine Sicherheit legen, und ich denke an all die Frauen, denen es genauso geht.

Ich wünschte, die Welt hätte mehr sichere Räume für Frauen und für Männer, um gemeinsam eine sichere Gesellschaft aufzubauen.

Erst als ich nach Caux ging, fand ich meine eigene Stimme. Ich entdeckte, wie ich mich gegen solche ungerechten Traditionen aussprechen und aktiv sichere Räume für Frauen schaffen kann, um über Themen zu sprechen, die sie innerhalb ihrer Kultur betreffen. Durch Reflexion und offene Dialoge habe ich festgestellt, dass es für Männer und Frauen Möglichkeiten gibt, kulturelle Stereotypen, die sie betreffen, anzusprechen.

Ich wünschte, die Welt hätte mehr sichere Räume für Frauen und für Männer, um gemeinsam eine sichere Gesellschaft aufzubauen.

 

Dieses Thema interessiert Sie? Lesen Sie hier ein Gespräch zwischen Männern über Geschlechterdynamik und Sicherheit.

 

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Die Caux Peace and Leadership Programme Talks sind ein Online-Raum, in dem Erfahrungen ausgetauscht und Netzwerke aufgebaut werden. Diese neue Gesprächsreihe wird von Alumni des Caux Peace and Leadership-Proramms veranstaltet und moderiert und bietet Gelegenheit, jungen Menschen aus aller Welt zuzuhören, sich inspirieren zu lassen und Kontakte zu knüpfen.

Wenn Sie am Samstag, den 1. Mai 2021 um 13:00 GMT an unserem nächsten CPLP Talks teilnehmen möchten,  können Sie sich hier anmelden! Nach der Anmeldung erhalten Sie eine Email, in der Ihnen mitgeteilt wird, wie Sie an dem Treffen teilnehmen können.

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