Land und Sicherheit in der afrikanischen Subsahara: Risikobewertung und Lösungssuche
Caux-Dialog über Umwelt und Sicherheit 2020
22/07/2020
Im Rahmen des Caux Forum Online 2020 organisierten die Stiftung Initiativen der Veränderung Schweiz und das Eidgenössische Departement für auswärtige Angelegenheiten (Abteilung Menschliche Sicherheit) eine Videokonferenz in französischer Sprache zum Thema "Land und Sicherheit in der afrikanischen Subsahara: Risikobewertung und Lösungssuche".
Moderiert von Rainer Gude, Co-Generaldirektor von Initiativen der Veränderung Schweiz, bot der Workshop eine interessante Mischung an Podiumsteilnehmenden:
- Olivia Lazard, stellvertretende Forscherin am Ressourcenzentrum für Umwelt und Entwicklung, Frankreich
- Oumar B. Samaké, Wirtschaftswissenschaftler, Programmkoordinator, Association Malienne d'Éveil au Développement Durable (AMEDD), Mali
- Mahamadou Savadogo, Berater zu Fragen des gewalttätigen Extremismus in der Sahelzone, Burkina Faso
- Abasse Tougiani, leitender Forscher, Institut National de la Recherche Agronomique du Niger (INRAN), Niger
Die Konferenz bot die Gelegenheit, globale und regionale Aspekte der Einwirkung des Menschen auf seine Umwelt und deren Zusammenhang mit Unsicherheit und Gewalt, denen die Bevölkerungen in Subsahara-Afrika ausgesetzt sind, miteinander zu verbinden. Sie zeigte, dass sich sowohl transnational als auch lokal kein Bereich der Realität dieses starken und immer offensichtlicheren Zusammenhangs zwischen Klimawandel, Unsicherheit und politischer Verantwortung entziehen kann.
Olivia Lazard betonte, die (legitime) Erforschung der Untergrund- und Bodenressourcen im Zusammenhang mit Klimaphänomenen (Bodentrockenheit, Ausbeutung der Bodenschätze im Bergbau, Nahrungsmittelprobleme, schlechte Bodenbewirtschaftung) dürfe die zutiefst beunruhigende Veränderung fruchtbaren Bodens nicht überschatten. Durch Abholzung, Brennholznutzung und Bebauung verschwände die biologische Vielfalt und die Bodenfruchtbarkeit und der Wasserkreislauf brächen zusammen. Dies verursache in zunehmend grösseren Gebieten Konflikte und Gewalt. Diese Dynamik verursache auf lokaler Ebene ausserdem schwerwiegende Störungen zwischen regional entfernten Klimasystemen, zum Beispiel zwischen dem Kongobecken und dem Nilbecken (mit daraus resultierenden politischen Spannungen). Daher müsse eine globale Sichtweise der Wirtschaftspolitik, die das Land beträfe, eingenommen werden.
Mahamadou Savadogo erklärte, gewalttätige extremistische Gruppen hätten seit 2018 einen direkten Einfluss auf die Umwelt und sogar auf das Klima. Diese Gruppen befänden sich in Schutzgebieten, insbesondere in der Sahelzone und in Burkina Faso. Durch ihre Kontrolle über diese Gebiete, die dort existierenden Ressourcen (Fauna, Mineralien) und durch stattfindende Kämpfe brächten sie nicht nur die lokale biologische Vielfalt, sondern auch das regionale Klima aus dem Gleichgewicht. Nur ein verstärktes staatliches Eingreifen und eine Politik der gerechten Landverteilung, die den Bedürfnissen der Bevölkerung Rechnung trage, könne diese Degradierung aufhalten.
Oumar Samaké sprach über die Möglichkeiten von Frauen und jungen Menschen in Mali und deren Zugang zu Land in einer Gesellschaft, die weitgehend von Männern, sozialen Bräuchen und Bevölkerungswachstum geprägt ist. Auf Grund mangelnder Arbeitsmöglichkeiten würden sich junge Menschen in ländlichen Gebieten für den Abbau von Gold (der auch Ackerland zerstört), Migration oder gewalttätige extremistische Gruppen entscheiden. Die Antwort müsse daher in Darlehen oder Schenkungen von registriertem Land bestehen, mit dem doppelten Ziel, Umweltzerstörung durch durchdachte und moderne landwirtschaftliche Praktiken zu begrenzen und gleichzeitig eine einträgliche Tätigkeit zu erzeugen.
Auch für Abasse Tougiani ist die Situation der jungen Menschen in seinem Land Niger besorgniserregend. Es müsse alles getan werden, um ihnen Arbeit, Land und Hoffnung für die Zukunft zu geben, sonst würden sie sich der Migration, den Städten oder gewalttätigen Gruppen zuwenden. Um junge Menschen in ihrem Umwelt zu halten, müsste neues Land für sie gefunden werden, bestehende Flächen verbessert oder landwirtschaftliche Aktivitäten, wie Gemüseanbau, Viehhaltung oder die Ölproduktion entwickelt werden. Die Dorfverwaltungen seien für diese Fragen zuständig und die bereits mit ihnen gemachten Erfahrungen seien schlüssig. Dies müsse ausgebaut werden und die Regierung habe dies verstanden, da sie bald aufgefordert werdenn würde, auf der Grundlage dieser Erfahrungen Gesetze zu erlassen.
Die anschliessende Diskussion befasste sich weiterhin mit der Diskriminierung von Frauen im Hinblick auf Landerwerb, Bräuchen (Erbschaften) und der Nichtanwendung von Gesetzen, die zu ihren Gunsten erlassen wurden. Es wurde ausserdem darauf hingewiesen, dass die Suche nach Lösungen in erster Linie den Dialog mit den lokalen Behörden erfordere, die über bedeutende Befugnisse in Landfragen verfügten. Ausserdem sei eine nationale Gesetzgebung notwendig, die Frauen und Männern gleiche Rechte zugestehe. Es wurde aber auch daran erinnert, dass extreme Gewalt in der Sahelzone Frauen direkt beträfe, weil sie entweder im Dorf allein gelassen würden, während die Männer kämpften, oder weil ihre Gesellschaft sie durch wirtschaftliche und soziale Aktivitäten an ein Land bände, das zunehmend entwürdigt und verarmt sei.
Weiterhin wurde die Rolle von Politikerinnen und Politikern herausgehoben. Klima, Umweltschutz, Land, die Rolle der Frau, Dialog - all dies seien politische Fragen, die miteinander verknüpft seien. Die aktuelle Krise in Subsahara-Afrika eröffne jedoch nützliche Perspektiven, da das Thema Umwelt in den kommenden Jahren im Zentrum der gesellschaftspolitischen Ereignisse und Anliegen stehen würde. Die lokalen Behörden hätten dies jedoch anscheinend besser verstanden als die nationalen Behörden: Bergbaugenehmigungen würden von den Regierungen immer noch auf "konventionelle" Weise erteilt, ohne die Bedürfnisse der Bevölkerung und der Natur zu respektieren. Daher gäbe es hier noch Handlungsbedarf!
Abschliessend wurde die Frage nach wahre Werten, Bildung, dem Teilen, Kommunikation mit allen Bevölkerungsgruppen, eine durchdachte lokale Regierungsführung sowie die Mobilisierung der Zivilgesellschaft, insbesondere der direkt Betroffenen, als entscheidend für die Zukunft diskutiert, um die Umwelt zu erhalten, von der die Sicherheit der Bevölkerung zutiefst abhänge.
Am Ende wurde noch einmal hervorgehoben, wie wichtig Massnahmen und ein Eingreifen der Regierungen von Bedeutung sei.
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Bericht: Eidgenössisches Departement für auswärtige Angelegenheiten (Abteilung Menschliche Sicherheit)