Ethik und Gewinn in Einklang bringen: Das Wagnis zweier Unternehmer aus der französischsprachigen Schweiz
Ethisches Leadership im Business 2018
29/06/2018
2013 war Christophe Barman 29 Jahre alt und Geschäftsführer eines wohlhabenden Unternehmens. Eines Abends hörte er in seiner Firma von einem Fusionsplan, der von einem der Aktionäre ausging. Da er sich nicht in den Werten und der profit- und expansionsorientierten Vision des entsprechenden Aktionärs wiederfinden konnte, entschied er, seine Stelle aufzugeben. Er stieg aus und wurde Mitbegründer das Outsourcing-Unternehmen Loyco.
„Ich konnte ausgestiegen, weil ich ganz klare Werte hatte.“, sagte Christophe Barman in seinem Beitrag bei der Konferenz Ethisches Leadership im Business, die im Rahmen des Caux Forums 2018 stattfand. Er erläuterte, Loyco sei „auf Basis der Fähigkeit von Menschen gegründet", die sich auf Grund gemeinsamer Werte zusammengeschlossen haben. Die Werte: Freude, Schwarmintelligenz, Flexibilität und Inspiration. Mittlerweile hat Loyco rund hundert Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und der Firmenumsatz beträgt 13 Millionen Schweizer Franken. Und noch wichtiger: 73 % des Kapitals werden von den Beschäftigten gehalten. Tatsächlich beschloss Loyco vor kurzem, Holokratie durchzusetzen - oder vielmehr Loycocratie, wie es intern genannt wird: ein System der horizontalen Leitung, beim dem jeglicher Hierarchieebenen abgeschafft wurden, Gewinnbeteiligungen und das selbstständige Treffen von Entscheidungen durch die Beschäftigten.
Jonathan Normand hat bereits für grosse internationale Organisationen im Bereich Risikomessung gearbeitet. 2006 beschloss er mitten in der Finanzkrise, seine leitende Position aufzugeben, weil er seiner Arbeit „einen Sinn geben“ wollte. Er ging zu B Lab, das das globale Zertifizierungsprogramm B Corp (B Corporation) für „verantwortliche“ Unternehmen entwickelt hat. Bis heute haben über 60 000 Unternehmen weltweit, darunter 900 in der Schweiz, dank des Programms eine Bewertung ihrer sozialen und ökologischen Folgen durchführen lassen. Die Aufgabe von Jonathan Normand bei der Organisation: Unternehmerinnen und Unternehmer treffen, die die Werte von B Lab teilen, für die der Begriff ethisches Leadership wichtig ist und bedeutet, „Gewinne für das Allgemeinwohl zu erzielen“.
Beiden Unternehmern ist es wichtig, Ethik und das Streben nach Gewinn in Einklang zu bringen: „Man kann heute nicht mehr wie vor 20, 30 oder 40 Jahren agieren. Die Welt hat sich verändert, die Welt dreht sich schneller, die Welt befindet sich mitten in einer ökologischen und sozialen Krise“, erklärte Christophe Barman. Es gehe darum, den Begriff Unternehmensleistung neu zu definierte, so dass er zu den wichtigen sozialen und ökologischen Herausforderungen unserer Zeit passe.
Daher ermutigt Initiativen der Veränderung (IofC) Unternehmerinnen und Unternehmer, Entscheidungen auf Grundlage von Werten, wie Integrität und Ehrlichkeit, zu treffen und zu einer gerechteren und nachhaltigeren Welt beizutragen. Hierzu passt auch die Geschichte von Christophe und Jonathan: eine von zwei Unternehmern, die Veränderungen in die Wege geleitet haben.
Der Erfolg eines Unternehmens wie Loyco oder nach B Corp zertifizierten Unternehmen zeigt, dass es möglich ist, Gewinne zu erzielen und dabei seinen Werten treu zu bleiben. Denn auch die Nachfrage ändert sich. Die Suche nach dem Sinn eines Produkts oder einer Dienstleitung spiegelt sich im Verhalten der Verbraucher wieder. Ethik und Gewinn schliessen einander nicht mehr aus. Diese Aspekte zu vereinen ist damit keine Frage der Menschenliebe mehr, die nur einer Minderheit von Organisationen vorbehalten bleibt, sondern wird zur Realität und wirtschaftlichen Notwendigkeit.
Lucie Wirz, Kommunikationspraktikantin 2018