Vertrauensbildung im digitalen Zeitalter: Herausforderungen und Chancen
Eröffnungsfeier Caux Forum 2018
20/08/2018
“Es bedarf Vertrauen, damit die Gesellschaft überhaupt funktioniert”, sagte Christine Beerli, Stiftungsratsmitglied von Initiativen der Veränderung Schweiz und Plenumsmoderatorin, bei ihrer Eröffnungsansprache des Caux Forums 2018. Neue technologische Fortschritte und Innovationen beeinflussten die Gesellschaft und prägten unsere Welt von heute neu. Aktuelle Krisen, wie der Emissionsskandal bei Volkswagen, der Datenschutzverstoss bei Uber und der Missbrauch von Daten bei Facebook seien Beispiel eines wachsenden Misstrauens gegenüber disruptiven Technologien.
“Sinkendes Vertrauen macht sich bei Unternehmen negative bemerkbar”, erklärte die ehemalige Geschäftsführerin von Edelman.ergo Deutschland, Susanne Marell. Dies habe vielleicht keine kurzfristigen Auswirkungen auf den Ruf einer Firma – “Volkswagen verzeichnete inmitten des grossen Skandals die besten Verkaufszahlen aller Zeiten.” -, doch langfristig könne dadurch “bedeutender wirtschaftlicher Schaden” entstehen. Als Expertin für Vertrauen und Firmenimage glaube sie, Unternehmen könnten Wegbereiter für den Aufbau von Vertrauen sein, auch wenn der Weg lang und schwierig sei. “Daten sind das neue Öl”, sagte sie. “Öl wird viel gehandelt und oft missbraucht. Eine ethische Diskussion über Datenmissbrauch würde ich jederzeit unterstützen.”
2018 zeigte das Vertrauensbarometer von Edelman die Medien als jene Institution an, der am wenigsten Vertrauen entgegengebracht wird. Marell erklärte, sieben von zehn Antworten sprachen von der Sorge vor Fake News und einem sinkenden Vertrauen in Suchmaschinen und soziale Medien. Die steigende Nutzung sozialer Medien wirke sich auch auf die Arbeit des IKRK aus. In den letzten sechs Monaten habe die Organisation zwischen 80 000 und 90 000 Videos von Menschen erhalten, die in Syrien gefoltert oder vergewaltigt wurden. Die Überprüfung solcher Informationen verlangsame humanitäre Bemühungen und erschwere Einsätze.
“Internet und soziale Medien sind das neue Feuer”, sagte der Visionär, Unternehmer und Erfinder des Touch Screen, Béla Hatvany. “Es ist ein wunderbarer Sklave, kann jedoch auch ein sehr schlechter Meister sein.” Doch die Technologie biete auch Chancen, erklärte er. So habe beispielsweise das Internet die Aneignung von Wissen so verstärkt, dass es möglich sei, von einem Wirtschaftssystem, dass sich an Wachstum und Profit orientiere, zu einem System auf der Basis von Fürsorge um Erde und Menschen überzugehen. Technologie helfe auch, Vertrauen aufzubauen. “Wir informieren uns über nationale Grenzen hinweg und dies wird nach und nach die imaginâren Grenzen, die unsere Lândern trennen, verschwinden lassen”, erklârte er. Er freue sich auf eine Generation, die die Welt als einen Ort der “Menschheit” erfahre und nicht als “unterschiedliche Völker”.
Das IKRK befasst sich ebenfalls mit der Frage, wie “digitale Schwachstellen in digitale Chancen umgewandelt werden können;” Es untersucht Wege zum Einsatz technologischen Fachwissens im Umgang mit Opfern bewaffneter Konflike, wie beispielweise bei der Nutzung von Software zur Identifizierung von Gesichtern, um Familien, die durch Krieg getrennt wurden, zusammenzuführen.
In seiner Eröffnungsansprache erinnerte Antoine Jaulmes, Prâsident von Initiativen der Veränderung (IofC) Schweiz, das Publikum an den IofC-Ansatz, der den Menschen und seine persönliche Verantwortung immer in den Mittelpunkt stelle. Dieser Ansatz wurde von allen Podiumsrednerinnen und -rednern als grundlegend notwendig aufgegriffen, um Vertrauen in Zeiten disruptiver Technologien aufzubauen.
“Trotz aller Technologien müssen nach wie vor Menschen die Basis für Vertrauen schaffen, sei es durch professionelles Handeln, Ehrlichkeit (…) oder Transparenz”, schlussfolgerte Christine Beerli. “Wenn wir diese Werte bei der Anwendung dieser Technologien wirklich leben wollen, müssen wir in der Lage sein, Vertrauen aufzubauen.”
Die Eröffnungsfeier bot einen perfekten Übergang zum ersten Caux Forum-Event Ethisches Leadership im Business”, das sich mit der Frage eines Leaderships in Zeiten disruptiver Innovationen befasste.