Brian Iselins Kampf gegen moderne Sklaverei
Ethisches Leadership im Business 2019
17/08/2019
Die Sonne geht schon langsam unter, aber die Luft ist noch warm, als sich zehn Leute versammeln, um der spannenden Geschichte von Brian Iselin zuzuhören. Iselin spricht bei der menschlichen Bibliothek, die im Rahmen der Konferenz Ethisches Leadership im Business stattfindet und berichtet, wie er das Ausmass moderner Sklaverei entdeckte und nun dagegen vorgeht.
Zum ersten Mal kam Iselin als Bundesagent im Kampf gegen Drogen mit Menschenschmuggel in Kontakt. Auf der Suche nach Drogen fand er zwei kleine Mädchen in einer Sporttasche, die in Vietnam für eine Adoption verkauft werden sollten. Er war von dieser Entdeckung erschüttert und beschloss, sich moderner Sklaverei zu widmen und dagegen vorzugehen.
Doch was genau ist moderne Sklaverei? Bei Sklaverei handelt es sich um kein neues Problem. Der grösste Unterschied besteht heute darin, dass Menschen, die Opfer von Menschenhandel sind oder missbraucht werden, nicht Teil unserer Gesellschaft sind, weil sie nicht wahrgenommen werden. Skandale wie Kinderarbeit sind bei grossen Modemarken weit verbreitet, doch viele Leute scheint das nichts anzugehen und sie kaufen deren Kleidung dennoch. Wie Iselin sagt: „80 % von dem, was wir kaufen, ist mit Sklaverei verbunden (...), wir sprechen hier von hunderten Millionen Menschen.“
Vor zwei Jahren hat Iselin die NGO Slavefreetrade (Sklavenfreier Handel) gegründet, die darauf aufbaut, dass „niemand bewusst etwas Falsches tun würde, wenn [er] wüsste, dass es nicht richtig ist“. Ziel ist es, Kunden Alternativen zu zeigen anstatt ihnen falsche Handlungen vorzuwerfen. Dabei stehen positive Kommunikation und Anreize im Vordergrund.
Praktisch bedeutet dies, dass Slavefreetrade Arbeiterinnen und Arbeiter auf allen Ebenen der Lieferkette befragt, ob ihre Menschenrechte geachtet werden. Die Fragen befassen sich auch mit Rechten wie Würde, Gleichheit und dem Verzicht auf Kinderarbeit. Die Unternehmen erhalten dann von Slavefreetrade Zugriff auf die Ergebnisse, damit sie mögliche Probleme angehen können. Iselin erzählt uns von einem Fall, bei dem der Leiter des Personalwesens einer grossen Marke von sexuellen Übergriffen in einer Fabrik erfuhr, von deren Existenz er nichts wusste. Mit Hilfe der detaillierten Informationen konnte er etwas unternehmen.
Die Plattform sorgt für Transparenz in einem Bereich, in dem sie zuvor fehlte. Die Herausforderung besteht nun darin, grosse Marken davon zu überzeugen, sich der Bewegung anzuschliessen und sich dem zu stellen, was wirklich in ihren Lieferketten geschieht. Die kann nur passieren, wenn man „gute Akteurinnen und Akteure an einem Tisch zusammenbringt“.
Text: Nicole Walther
Photo: Paula Mariane