Lost in Translation: Freiwilligenarbeit in der Caux Refuge
Ein Caux Refuge-Blog von Eliane Stallybrass
28/11/2022
Als die ersten Ukrainerinnen und Ukrainer in Caux ankamen, gehörten Eliane und Andrew Stallybrass zu den ersten Freiwilligen, die sie in der Villa Maria willkommen hiessen und ihnen ihre Unterstützung anboten. Eliane wusste, dass das Erlernen der französischen Sprache für die Eingewöhnung von entscheidender Bedeutung sein würde, und so organisierte sie schnell Französischunterricht. Sie schreibt:
Etwa 15 von ihnen sitzen aufmerksam vor mir und versuchen zu verstehen, was ich ihnen über die französische Sprache erkläre. Es sind Ukrainerinnen und Ukrainer, die in aller Eile ihre Heimat verlassen mussten und sich in einem Land wiederfinden, in dem sie bei Null anfangen müssen.
Sie lernen eine Sprache, die sie nicht lernen wollten, und müssen eine Arbeit finden, obwohl sie in den meisten Fällen eine hatten. Sie hatten einen Freundeskreis, Aktivitäten, ein Haus, das jetzt vielleicht zerstört ist. Ich betrachte sie mit einer Mischung aus Zorn über das, was sie durchmachen, und Zuneigung für ihre Bemühungen.
Gleich nach Beginn des Krieges im Februar 2022 stellte IofC Schweiz die Villa Maria für Ukrainerinnen und Ukrainer zur Verfügung, die einen sicheren Ort brauchten. Zurzeit leben 24 von ihnen in der Caux Refuge. Da gibt es Kinder, von denen einige jetzt zur Schule gehen. Es gibt Grossmütter. Und es gibt Menschen in der Blüte ihres Lebens, die jetzt die Schweizer Arbeitsgesetze lernen müssen und hoffen, bald Arbeit zu finden.
Es gibt Krankenschwestern, einen Apotheker, eine Universitätsprofessorin, einen Politiker, einen Elektronikingenieur, Mütter. Die Lehrerinnen unterrichten weiterhin Schülerinnen und Schüler in mehreren Ländern über das Internet. Die meisten von ihnen kannten Initiativen der Veränderung schon vor ihrer Ankunft, entweder durch Besuche in Caux - für Konferenzen oder die Internationale Gemeinschaftswochen (WIC) - oder durch das Programm Foundations for Freedom, das von IofC in den 1990er und frühen 2000er Jahren initiiert und entwickelt wurde und in der Ukraine gut etabliert ist.
Die Stiftung IofC Schweiz hat mit Ekaterina und Maria zwei sogenannte Liaison Officer eingestellt, die den Ukrainerinnen und Ukrainern in Caux bei der Navigation durch die Schweizer Bürokratie helfen. Sie haben jetzt alle ihre S-Bewilligung, die ihnen den Aufenthalt in der Schweiz ermöglicht, und dank Ekaterina und Maria, die ihre Sprache sprechen, können sie zum Arzt oder zum Arbeitsamt gehen.
Sie haben Französischkurse gefunden und nehmen zwei oder drei Mal pro Woche Unterricht. Und sie haben entdeckt, wie ich auch, dass die Syntax des Französischen und des Russischen keineswegs identisch ist. Ich habe zum Beispiel einige Zeit gebraucht, um zu verstehen, dass im Russischen das Verb 'sein' im Präsens nicht existiert. "Ich müde" reicht im Russischen aus. Da braucht man kein Verb!
Die moderne Technik hilft sehr dabei, Hindernisse zu überwinden. Alle haben ihre Handys mitgebracht. Damit können sie mit dem Freundeskreis und ihrer Familie in Kontakt bleiben, die ebenfalls oft weit verstreut sind. Und die Telefone helfen ihnen, Kurse und Aktivitäten in der Region zu entdecken.
Diejenigen von uns Freiwilligen, die so etwas noch nie benutzt hatten, wurden mit den Übersetzungs-Apps für Smartphones vertraut gemacht. Man kann sagen, was man will und die Übersetzung ins Russische oder Ukrainische erscheint sofort. Und andersherum. Allerdings ist das Ergebnis nicht immer sehr genau, was zu einigen amüsanten Missverständnissen führen kann.
Als das Dorf Caux von der Ankunft der Ukrainerinnen und Ukrainer erfuhr, halfen die Menschen begeistert aus. Spenden von Kleidern, Spielsachen und Alltagsgegenständen wurden in Massen abgegeben.
Sogar aus dem Bürgermeister, Olivier Gfeller, wurde so ein Freund. Er feierte mit uns das orthodoxe Osterfest und unternahm eine Bootsfahrt nach Le Bouveret, wo die ganze Gruppe den Aquaparc mit seinen kleinen Zügen genoss, mit denen sie die Schweiz im Kleinformat entdecken konnten. Bei dieser Gelegenheit schenkte ihm die Gruppe eine ukrainische Flagge, die sie alle mit den Namen ihrer Heimatstädte signiert hatten.
Neun Monate nach Ausbruch des Krieges sind sie immer noch da und werden vermutlich auch noch eine ganze Weile bleiben. In den Schweizer Krankenhäusern fehlt es an Krankenschwestern und -pflegern, und die Restaurantbesitzer raufen sich die Haare wegen des Personalmangels. Hoffen wir, dass die Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber unsere Freundinnen und Freunde aus der Caux Refuge, die sich so schnell wie möglich in unsere Gesellschaft integrieren wollen, willkommen heissen werden.
Ich befürchte, dass sie noch lange Zeit von zu Hause fern bleiben müssen.
IHRE HILFE ZÄHLT!
Seit dem Beginn des Krieges in der Ukraine haben Millionen von Vertriebenen ihre Heimat verlassen, um einen sicheren Ort und Zuflucht zu finden. Als europäisches Zentrum von Initiativen der Veränderung fühlen wir uns verpflichtet, Menschen in Not zu helfen.
Die Caux Refuge befindet sich in der Villa Maria, direkt neben dem Caux Palace. Sie bietet derzeit Platz für bis zu 30 Personen und wir arbeiten eng mit den lokalen Behörden zusammen.
Da unsere eigenen Finanzquellen zur Neige gehen, brauchen wir Ihre Hilfe, um das Caux Refuge-Projekt finanziell zu unterstützen. Wir benötigen derzeit noch 20.000 CHF, damit die Gruppe bis Ende 2022 untergebracht werden kann. Mit diesem Betrag werden wir Nahrungsmittel und andere Kosten im Zusammenhang mit dem Aufenthalt der Gruppe in der Villa Maria in Caux finanzieren.
Wir danken Ihnen für Ihre Unterstützung. Bitte helfen Sie uns und geben Sie bei Ihrer Spende "Caux Refuge" als Verwendungszweck an. Sollten Sie Vorschläge oder Fragen haben, können Sie uns gerne per Email kontaktieren.
Bitte beachten Sie, dass die in diesen Artikeln geäusserten Meinungen die Ansichten der Befragten widergeben und nicht unbedingt die Meinung des Interviewers, der Interviewerin oder von Initiativen der Veränderung Schweiz widerspiegeln.
Foto oben: Maria Raffin