1952 - Elsbeth und Adam McLean: Eine Hochzeit in Caux
Von Mary Lean
18/03/2021
Als Elsbeth Spoerry 1946 dabei mithalf, den heruntergekommenen Caux Palace für die ersten Konferenzen von Initiativen der Veänderung (damals als Moralische Aufrüstung bzw. MRA bekannt) zu säubern, konnte sie kaum ahnen, dass sie sechs Jahre später dort heiraten würde – mit über 1.000 Konferenzteilnehmenden als Gästen.
Elsbeth heiratete Adam McLean am 9. August 1952. Adam, ein stolzer Schotte, trug seinen Kilt und Elsbeths acht Brautjungfern, die aus verschiedenen Ländern stammten, trugen ihre Nationaltracht. Vier Geistliche aus drei Konfessionen nahmen die Trauung vor: "Mehr konnte man nicht verheiratet werden", schrieb Adam in seiner Autobiografie.
Die Hochzeit war auch aus anderen Gründen ungewöhnlich. Elsbeth war in Zürich als privilegiertes Kind in einer der grossen Schweizer Industriellenfamilien aufgewachsen. Adams Vater war ein Bergarbeiter in Musselborough aus der Nähe von Edinburgh. Adam verliess die Schule mit 14 und setzte seine Ausbildung in Abendkursen fort. Elsbeth besuchte die Universitäten von Zürich, Genf und Freiburg und promovierte zum Doktor der Rechtswissenschaften.
In den 1930-ger Jahren begegneten beide Initiativen der Veränderung: Elsbeth durch Hélène Mottu, die später mit ihrem Mann Philippe Mottu den Kauf des Caux Palace leitete, und Adam durch seinen Chef in der Werkstatt, in der er als Automechaniker arbeitete. Während des Zweiten Weltkrieges arbeitete Elsbeth in einer der Fabriken ihres Vaters und machte eine Ausbildung zur Rettungssanitäterin.
Als der Zweite Weltkrieg ausbrach, befand sich Adam dort und nahm an einer MRA-Kamagne teil, die zum Ziel hatte, moralische bzw. geistliche Werte aufzufrischen und die Arbeitsbeziehungen insbesondere in der Flugzeugindustrie zu verbessern. Als die USA in den Krieg eintraten, wurde er eingezogen und kämpfte in Italien, wo er verwundet und für seine Heldenhaftigkeit ausgezeichnet wurde.
Nach dem Krieg blieb er noch 14 Jahre lang in Italien und arbeitete in dieser Zeit, die von heftigen Streitigkeiten zwischen Faschisten und Kommunisten geprägt war, mit der MRA zusammen. Er lernte Elsbeth kennen, als sie für die Delegationen dolmetschte, die er nach Caux brachte, weil sie vier Sprachen sprach.
Ich glaube nicht, dass sich jemand einen perfekteren Ort hätte ausdenken können, um sich von der Hektik des Lebens zurückzuziehen und in Ruhe nachzudenken.
Adam beschrieb, wie er mit einem großen amerikanischen Auto zum ersten Mal nach Caux fuhr: "Das helle Ziegeldach und die Türmchen glänzten in der Sonne. Wegen der Leistung des Motors des amerikanischen Buicks war es nicht wirklich schwierig, die sehr steile und kurvenreiche Strasse hinaufzufahren, aber ich musste feststellen, dass es eine Herausforderung für die unmittelbar nach den Kriegsjahren gebauten Kleinwagen war, es ohne kochende oder kaputte Kühler nach oben zu schaffen. Ich glaube nicht, dass sich jemand einen perfekteren Ort hätte ausdenken können, um sich von der Hektik des Lebens zurückzuziehen und in Ruhe nachzudenken." *
Adams und Elsbeths Verlobung fand per Brief statt: Adam war in Italien und Elsbeth in den USA. Als sie zusagte, organisierte ein kommunistischer Gewerkschaftsführer eine Feier für Adam - und der ex-faschistische Schwiegervater des Gewerkschaftsführers, der sich nicht lumpen lassen wollte - lud Adam zum Abendessen in sein Haus ein. Während des Abends stellte Adam fest, dass ihm der Hügel, den er vom Fenster seines Gastgebers aus sehen konnte, bekannt vorkam. Er hatte sich während des Krieges unter Scharfschützenbeschuss den Hügel hinaufgekämpft. "Wissen Sie, von wo aus der Scharfschütze geschossen hat?", fragte ihn sein Gastgeber. "Von dem Stuhl aus, auf den Sie Ihren Fuss gestellt haben!"
Jeder, der 1952 zu den Sommerkonferenzen nach Caux kam, wurde in die Hochzeitsfeierlichkeiten mit einbezogen. Aber einige Gäste kamen extra angereist. Unter ihnen waren der italienische Professor und sozialistische Politiker Umberto Calosso und seine Frau. Als sie in Caux ankamen, hätten sie müde gewirkt, schrieb Adam, da sie die Einladung erst einen Tag zuvor erhalten hatten. Zu diesem Zeitpunkt machten sie Urlaub in den Bergen im Piemont.
Sie mussten auf Eseln ins nächstgelegene Dorf hinabreiten und erst dort schafften sie es, einen Freund mit einem kleinen Auto zu finden.
Sie mussten auf Eseln ins nächstgelegene Dorf hinabreiten und erst dort schafften sie es, einen Freund mit einem kleinen Auto zu finden. "Genosse Umberto lud seinen Freund fröhlich zu unserer Hochzeit ein. Sie fuhren also die Nacht durch und kamen zu unserer Freude rechtzeitig zum Gottesdienst und den Feierlichkeiten an."
Adam und Elsbeth war 46 Jahre lang verheiratet, bis Elsbeth 1999 starb. Adam starb im Jahr 2008. Ihre Ehe war eine von vielen, die in den letzten 75 Jahren in Caux ihren Anfang genommen hatte und gesegnet wurden.
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Adam McLean war ein geborener Geschichtenerzähler. Für seine Enkelkinder schrieb er zum ersten Mal seine Abenteuer als junger Mann auf, die ihn von den Ufern des Firth of Forth nach Hollywood, in die Flugzeugfabriken der Boeings, die US-Armee und schliesslich zurück nach Europa führten. Lesen Sie hier einen Auszug aus seiner Autobiografie:
Während er darum kämpfte, das Bewusstsein wiederzuerlangen, hörte McLean, wie sich die Träger stritten, ob es möglich sei, ihn durch den schweren Beschuss zu den Bergbahnen zu tragen.
"Nehmt Scotty und geht wieder rüber", beharrte sein Kumpel Rocky.
"Wir können nicht über dieses offene Gelände zum Berg gehen."
"Hebt ihn jetzt hoch." Sie zögerten immer noch. Adam hörte den Bolzen in Rockys Gewehr einrasten.
"Hebt Scotty auf oder ihr werdet nie wieder jemanden aufheben."
Also brachten sie ihn zurück ... und so erreichte McLean Rom, wo er den grössten Teil der nächsten zwanzig Jahre verbringen sollte und Freundschaften mit Menschen unterschiedlichster Herkunft schloss.
Mehr darüber in Adams Autobiografie "Whatever next".
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Diese Geschichte ist Teil unserer Serie "75 Jahre der Geschichten" über Einzelpersonen, die durch Caux eine neue Richtung und Inspiration für ihr Leben gefunden haben - eine Geschichte für jedes Jahr von 1946 bis 2021. Wenn Sie eine Geschichte kennen, die sich für diese Serie eignet, leiten Sie Ihre Ideen bitte per E-Mail an John Bond oder Yara Zhgeib. weiter. Wenn Sie mehr über die Anfangsjahre von Initiativen der Veränderung und das Konferenzzentrum in Caux erfahren möchten, klicken Sie bitte hier und besuchen Sie die Plattform For A New World.
- * Whatever Next (Linden Hall, 1992)
- Foto oben: Initiativen der Veränderung
- Foto Adam & Hochzeit: McLean
- Korrekturlesung: Tatjana Horbenko-Enomoto