1986 - Arbeitswoche: Ein Facelift für den Caux Palace
06/09/2021
Als die Planungen für die Feierlichkeiten zum 40-jährigen Bestehen des Konferenzzentrums von Initiativen der Veränderung in Caux begannen, fing Eliane Stallybrass an zu träumen. Im Jahr 1946 hatten die Pioniere von Caux freiwillig ihre Zeit und Energie zur Verfügung gestellt, um das heruntergekommene Hotel für die ersten Konferenzen herzurichten. Könnte die jüngere Generation diese Erfahrung noch einmal machen, indem sie halfen, das Haus für den Sommer 1986 in Schuss zu bringen?
Die beiden für den Unterhalt des Hauses verantwortlichen Männer, Werner Fankhauser und Christoph Keller, nahmen diese Idee begeistert auf und über Ostern 1986 trafen 63 Personen in Caux ein, um mit der Arbeit zu beginnen. Die Initiative war so erfolgreich, dass diese sogenannten Arbeitswochen viele Jahre lang mit Teilnehmenden aus ganz Europa fortgesetzt wurden.
Helene Schäfer (damals Pick) erinnert sich:
Im Jahr 1986 war der Caux Palace - die vornehme Dame mit dem grossen Herzen - in die Jahre gekommen. Jahrzehntelang hatte sie Geschichte miterlebt. Es gab dort gemütliche Ecken zum Nachdenken und zur Selbstverwirklichung. Sie bot einen offenen Raum für Diskussionen und manchmal lebensverändernde Entscheidungen. Und nun brauchte sie Hilfe, um würdig neue Schritte zu gehen.
Ich befand mich in meinen letzten Jahren im Internat und hatte Zeit und Energie, meine Ferien damit zu verbringen, bei dieser Mission zu helfen. Ich tat mich mit fünf Klassenkameradinnen zusammen und wir machten uns auf den Weg. Wir hatten keinerlei Erfahrung, aber eine Menge Enthusiasmus. Wir kletterten auf Leitern, bohrten und strichen, schliffen und schraubten. Und wir hatten jede Menge Spass.
Wir unterhielten uns mit Menschen aus verschiedenen Ländern und Kulturen. Meine Eltern hatten über 20 Jahre lang hauptberuflich für die Moralische Aufrüstung (jetzt Initiativen der Veränderung) gearbeitet. Ich wusste also, worauf ich mich einliess. Meine Freundinnen aber führten echte Gespräche in Sprachen, von denen sie niemals gedacht hätten, sie jemals ausserhalb des Klassenzimmers anzuwenden. Der Geist von Caux hat also gewirkt, auch wenn wir nicht auf der Terrasse sassen und an einer Tasse Tee nippten.
Der Geist von Caux hat also gewirkt, auch wenn wir nicht auf der Terrasse sassen und an einer Tasse Tee nippten.
Allerdings waren nicht alle meine Freundinnen von den Ideen der Moralischen Aufrüstung angetan. Aber wenn man in Caux ist, muss man sich mit sich selbst auseinandersetzen, ganz gleich, wohin das führt. Es ist immer gut, dies in einer schönen Umgebung zu tun, in der man seinen Geist beflügeln lassen kann. Wir brauchen diese inspirierenden Orte, an denen man Ruhe findet, um die wichtigen Fragen des Lebens zu stellen, nach Antworten zu suchen und uns offen auszutauschen. Je älter ich werde, desto mehr schätze ich dies.
Ulrike Chanu (damals Ott) erinnert sich:
Ich bin in Deutschland in einem kleinen Dorf auf dem Land aufgewachsen. Meine Eltern haben nie eine Fremdsprache gelernt und nie das Bedürfnis zu reisen verspürt. Aber ich erinnere mich, wie ich als Kind immer unseren Globus drehte und von all den exotischen Orten und Menschen dort draussen träumte.
Als ich 18 Jahre alt war, erzählte mir Helene, eine meiner engsten Schulfreundinnen, von einem Tagungszentrum in den Schweizer Bergen, in dem ihre Eltern gearbeitet hatten und wohin wir umsonst gehen konnten, um die Gebäude für den Sommer vorzubereiten. Ausland klang gut, kostenlos klang grossartig, und so fuhren wir im April 1986 los.
In meiner ersten Nacht lag ich stundenlang wach. Mein Gehirn war völlig überlastet - die erstaunliche Schönheit des Caux Palace, die atemberaubende Aussicht, so viele freundliche Menschen und verschiedene Sprachen. Und ich mittendrin. Es fühlte sich an, als hätte sich eine ganz neue Welt aufgetan.
Die Arbeitswoche war harte Arbeit. Wir haben damals gefühlt Hunderte von Eisenstühlen auf der Terrasse abgeschliffen und gestrichen. Aber es gab auch viele schöne Momente, in denen wir uns unterhielten, während wir die Pinsel schwangen.
Obwohl es eine nette Gruppe von jungen Menschen war und wir viel Spass hatten, war es die Begegnung mit einem älteren Schweizer, die meine Vorstellung von Caux wirklich geprägt hat.
Von aussen betrachtet hatte er nicht viel mit uns gemeinsam. Er hatte gesundheitliche Probleme und ich glaube, er war nicht einmal Teil des "offiziellen" Arbeitsteams.
Aber er war immer da, im Hintergrund, und nahm sich Zeit, um mit uns zu sprechen. Wir spürten sein tiefes und aufrichtiges Interesse an dem, was wir zu sagen hatten. Rückblickend wird mir klar, was für ein wertvolles Geschenk er einem Haufen 18-Jähriger gemacht hat. Er schrieb uns noch viele Jahre lang, bis er starb.
Diese erste Arbeitswoche in Caux war der Beginn vieler verschiedener Kapitel in meinem Leben. Sie hat meinen Horizont erweitert und erstaunliche Freundschaften entstehen lassen. Später übersetzte ich von den Dolmetscherkabinen aus, arbeitete während der Sommerkonferenzen hinter den Kulissen und fühle mich Caux nach wie vor sehr verbunden. Auch fünfunddreissig Jahre später inspiriert mich dieser Ort immer noch jedes Mal, wenn ich den Berg hinauffahre.
Es ist auch der Ort, an dem ich meinen Mann kennengelernt habe! Und ob Sie es glauben oder nicht, die Region in Frankreich, in der wir jetzt leben, heisst 'Pays de Caux'. (Land von Caux).
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Diese Geschichte ist Teil unserer Serie "75 Jahre der Geschichten" über Menschen, die durch Caux eine neue Richtung und Inspiration für ihr Leben gefunden haben - eine Geschichte für jedes Jahr von 1946 bis 2021. Wenn Sie eine Geschichte kennen, die sich für diese Serie eignet, leiten Sie Ihre Ideen bitte per E-Mail an John Bond oder Yara Zhgeib. weiter. Wenn Sie mehr über die Anfangsjahre von Initiativen der Veränderung und das Konferenzzentrum in Caux erfahren möchten, klicken Sie bitte hier und besuchen Sie die Plattform For A New World.
- Foto oben, Näherinnen und Bänke: Eliane Stallybrass
- Foto Porträt Helene: Helene Schäfer
- Alle anderen Fotos: Ulrike Ott Chanu
- Korrekturlesung: Tatjana Horbenko-Enomoto