2003 : Burundi – Zehn Jahre politischer Dialog
Von Frédéric Chavanne
05/11/2021
Zwischen 2003 und 2013 war das Konferenzzentrum in Caux Schauplatz von sieben politischen Dialogen zwischen tief zerstrittenen Führungspersönlichkeiten aus Burundi. Diese Dialoge brachten Vertretende von politischen Parteien und bewaffneten Rebellenbewegungen, ehemalige Präsidenten der Republik, religiöse Führende und Aktivistinnen und Aktivisten der Zivilgesellschaft zusammen. Die Treffen waren vertraulich und diskret und fanden oft ausserhalb der Hauptsaison der Sommerkonferenzen statt.
Ziel dieser Zusammenkünfte war es, Burundi vom Bürgerkrieg zu befreien - und zwar durch eine geistige Vorarbeit und die Zusammenführung von Menschen. Die beteiligten Personen wurden aufgefordert ihre Motive und Einstellungen zu überprüfen, die Wunden der Vergangenheit zu heilen, sich von ihren Ängsten zu befreien und ihre eigene Verletzlichkeit zu zeigen. Die Moderierenden schlugen keine Lösungen oder gar einen Dialog vor, sondern suchten gemeinsam mit den Protagonistinnen und Protagonisten nach Wegen, um dauerhafte Lösungen herbeizuführen.
Diese runden Tische und Seminare bildeten den Höhepunkt eines langen Prozesses, der im Jahr 2000 begann. Die Initiatoren waren Thomas Ntambu und Michel Kipoké aus der Demokratischen Republik Kongo und Bonaventure Nkeshimana aus Burundi. Geduldig und methodisch trafen sie sich persönlich mit Menschen aus den verschiedenen politischen Lagern und bauten vertrauensvolle Beziehungen auf.
Thomas Ntambu war ein ehemaliger Militäroffizier, der einer politisch-militärischen Gruppe angehörte, die den Sturz der Mobutu-Diktatur anstrebte. Er war Rechtsanwalt und arbeitet heute als Experte für Friedenskonsolidierung. Nach seinem Treffen mit Initiativen der Veränderung (IofC) sagte er über die Rebellen: "Wir mussten uns mit denselben Probleme auseinandersetzen wie diejenigen, die wir anprangerten: Träume von Macht, Villen, Luxusautos, Frauen." Er begriff, dass ohne eine Verhaltensänderung jede Revolution enttäuschend sein würde und war voller Hoffnung, dass Menschen sich ändern könnten.
Der Rechtsanwalt Michel Kipoké war bei den grossen Medien wegen seiner Debatierfähigkeiten sehr gefragt. Er sagte, er habe erst bei IofC gelernt, zuzuhören. „Das Wichtigste ist nicht, was wir unseren Partnern zu sagen haben, sondern was sie uns zu sagen haben", sagte er. „Durch Zuhören, Wohlwollen und Demut angesichts der eigenen Grenzen eignen wir uns eine neue Geisteshaltung an.” Er pflegte zu sagen: "Caux löst keine Probleme, aber es schafft eine Atmosphäre, in der sie gelöst werden können".
Das Wichtigste ist nicht, was wir unseren Partnern zu sagen haben, sondern was sie uns zu sagen haben
Bonaventure Nkeshimana, ehemaliger Bürgermeister eines Hutu-Viertels in Bujumbura, der Hauptstadt von Burundi, war der Kontaktmann zu allen Beteiligten.
Aldo Ajello, der Vertreter der Europäischen Union für die Region der Grossen Seen, traf die burundischen Delegierten beim ersten Runden Tisch im März 2003. Am Ende sprach er vom "Wunder von Caux". In seinem Bericht stellte er fest, dass es "dem von IofC organisierten Kolloquium eindeutig gelungen ist, das Eis zwischen den burundischen Kriegsparteien zu brechen".
Im Frühjahr 2003 erklärten zwei Führer der bewaffneten Rebellenbewegung CNDD-FDD, ihre Teilnahme am Runden Tisch in Caux habe entscheidend dazu beigetragen, dass sie den bewaffneten Konflikt verlassen und wieder in den politischen Prozess eintreten konnten.
Caux löst keine Probleme, aber es schafft eine Atmosphäre, in der sie gelöst werden können.
Im Juni 2003 wurde ein weiterer Runder Tisch organisiert, um den Dialog zwischen der burundischen Regierung und der Palipehutu-FNL, der radikalsten Rebellenbewegung, die noch immer vor Ort aktiv ist, fortzusetzen (siehe Foto oben, mit Regierungs- und Armeevertretenden auf der linken Seite und der Delegation der Rebellenbewegung mit roten Mützen auf der rechten Seite).
Es bedurfte weiterer drei Jahre, in denen die Palipehutu-FNL-Anführenden begleitet wurden, um sie aus ihrer Kriegslogik zu befreien. Im September 2006 unterzeichneten sie ein Waffenstillstandsabkommen.
In ihrem Bericht über die Lage in Burundi vom Oktober 2012 stellte die renommierte Internationale Krisengruppe fest, der runde Tisch in Caux habe in jenem Jahr "die Grundlagen für einen Dialog zwischen der Opposition und der Regierungspartei" geschaffen.
Das Eidgenössische Departement für auswärtige Angelegenheiten (EDA) übernahm den grössten Teil der Finanzierung dieser Begleitarbeit und der runden Tische.
Erfahren Sie mehr über den Friedensprozeses
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Diese Geschichte ist Teil unserer Serie "75 Jahre der Geschichten" über Einzelpersonen, die durch Caux eine neue Richtung und Inspiration für ihr Leben gefunden haben - eine Geschichte für jedes Jahr von 1946 bis 2021. Wenn Sie eine Geschichte kennen, die sich für diese Serie eignet, leiten Sie Ihre Ideen bitte per E-Mail an John Bond oder Yara Zhgeib. weiter. Wenn Sie mehr über die Anfangsjahre von Initiativen der Veränderung und das Konferenzzentrum in Caux erfahren möchten, klicken Sie bitte hier und besuchen Sie die Plattform For A New World.
- Fotos: Frédéric Chavanne (Foto oben: Runder Tisch, Juni 2003)
- Peace Mission in the Democratic Republic of Congo, von Frédéric Chavanne, For a Change (Vol 10, Nr 2), 2007
- Korrekturlesung: Sebastian Hasse