Von Saint Ouen nach Caux
CATS 2018
05/08/2018
Gerby Lineau ist 17 Jahre alt und kommt aus dem Pariser Vorort Saint Ouen. Er nahm dieses Jahr zum ersten Mal an CATS teil. Die Reise nach Caux war sein erster Aufenthalt im Ausland. „Ich komme zum ersten Mal an einen solchen Ort mit einer so herrlichen Landschaft. Ich habe viele nette Leute kennengelernt, aber ich spreche nicht besonders gut Englisch.“, erklärte er uns.
Im Rahmen des Programms Oui Act, das erst vor kurzem von Initiativen der Veränderung Frankreich gestartet wurde, kamen Gerby und drei weitere Schülerinnen und Schüler seines beruflichen Gymnasiums nach Caux. Julie Pailhes und Christian Demésy leiten das Projekt.
Das Projekt wurde 2015 nach den Anschlägen in Frankreich gegründet. „Es handelt sich nicht um ein Programm gegen religiöse Radikalisierung. Es geht vielmehr darum, schon frühzeitig die Gründe von Radikalisierung jeglicher Art zu bekämpfen, sowohl von Rechts- als auch Linksextremismus“, erklärte Julie. Das Programm konzentriert sich auf Bildungsbrennpunkte, denn „dort werden die Jugendlichen in Schubladen gesteckt“.
In der Tat setzen sich seit den Anschlägen 2015 gewisse Stereotypen wieder stärker durch, deren Meinung nach Jugendliche muslimischer Abstammung oder aus Vororten gefährlich seien. Die im Rahmen des Programms in der Schule durchgeführten Workshops laden die Jugendlichen dazu ein, über ihr eigenes Verhalten nachzudenken und die Möglichkeit, „selbst eine Veränderung herbeizuführen und keine Fehler zu begehen, die sie von anderen trennen, wie beispielsweise radikale Ideen unterschiedlichster Art, die dazu führen können, andere zu hassen“. Julie zufolge ist Gewalt eines der wichtigen Themen: „Man hat diese Jugendlichen nie gefragt, warum sie gewalttätig werden, man hat ihnen nie beigebracht, sich selbst zu hinterfragen.“
Daher wollte Julie, dass die Jugendlichen von Oui Act an CATS teilnehmen. CATS ermöglich es Kindern, sich auszudrücken, gehört zu werden und damit ihr Potenzial zu entwickeln, um selbst Veränderungen zu bewirken. Es ist ihr klar, dass sie nicht dieselben Chancen haben wie die Mehrzahl der anderen Kinder bei CATS, „deren Eltern sich oft bereits einbringen oder die eine Schule besuchen, die ihnen alle Möglichkeiten bietet“.
Besonders in den Gemeinschaftsgruppen konnte sich Gerby mit anderen Jugendlichen austauschen: „Wir sprechen über viele Dinge, z. B. wie man anderen helfen kann, wie man Mitgefühl aufbringt und besonders, wie man Kindern helfen kann.“ Aber auf andere zuzugehen war zu Anfang gar nicht leicht. Da war zum einen die Sprachbarriere und auch eine gewisse Zurückhaltung, wie er uns erzählt. Aber schon nach kurzer Zeit sah Julie die Schüler aufblühen und aktiv an den Workshops und Community-Gruppen teilnehmen. Und es kam sogar zu einer unerwarteten Freundschaft mit Schülerinnen und Schülern von La Source, einer alternativen Schule im Pariser Vorort Meudon.
Von Lucie Wirz, Kommunikationspraktikantin 2018