2020: Aad Burger – Den Virus erwischt
23/12/2021
Als Reaktion auf die Pandemie ging das Caux Forum 2020 erstmals online. Das Organisationsteam stellte fest, dass Caux dadurch für Menschen auf der ganzen Welt zugänglich wurde, die unter normalen Umständen nicht daran hätten teilnehmen können. Einer von ihnen war der 91-jährige Aad Burger aus den Niederlanden. Er schreibt:
Ich fuhr zwischen 1946 und 2010 fast jeden Sommer nach Caux. Dann, im Alter von 82 Jahren, merkte ich, dass die Reisen und das Programm für mich in meinem Rollstuhl zu viel wurden. Als ich las, dass die Konferenzen in Caux online stattfinden würden, sah ich darin eine grosse Chance. Wegen meiner Taubheit konnte ich nicht alles verstehen, aber es war besser, als ich erwartet hatte.
Im Jahr 1946, wurde ich als 17jähriger eingeladen, den Caux Palace für die ersten Konferenzen von Initiativen der Veränderung (damals Moralische Aufrüstung/MRA) vorzubereiten. Mein Vater arbeitete bei der holländischen Eisenbahn und so konnte ich mein Zugticket sowie die Visa für die Ausreise aus den Niederlanden und die Einreise in die Schweiz besorgen. Wir durften kein Geld aus den Niederlanden mitnehmen, also bezahlte die Schweizer MRA alle meine Ausgaben.
Während ich in Caux war, beschloss ich, mein Leben Gott zu übergeben und mit der Moralischen Aufrüstung am Aufbau einer neuen Welt zu arbeiten. Ich entschuldigte mich bei meinem Vater, weil ich ihn betrogen hatte. Manchmal hatte ich ihn um einen Vorschuss für mein monatliches Taschengeld gebeten, der im nächsten Monat abgezogen werden sollte. Wenn er es vergass und mir den vollen Betrag auszahlte, habe ich ihn nicht daran erinnert.
Ich entschuldigte mich bei meinem Vater, weil ich ihn betrogen hatte.
Nach dem Studium und dem Militärdienst begann ich, hauptberuflich für die Moralische Aufrüstung zu arbeiten. Im Jahr 1952 reiste ich mit einem internationalen Team nach Afrika und blieb in Ghana und Nigeria, nachdem die anderen nach Hause zurückgekehrt waren. Zwei Jahre später reiste ich mit einem Kollegen nach Onitsha in Nigeria, weil ich immer kränker wurde. Die Ärzte, die wir aufsuchten, wussten nicht, was los war.
Eines Nachts träumte ich, dass ich für immer gelähmt sein würde. Ich betete, dass dies nicht passieren würde, beschloss aber auch, es zu akzeptieren, sollte es doch eintreffen und dass ich weiterhin Gottes Führung für mein Leben suchen würde.
Ich betete, dass dies nicht passieren würde, beschloss aber auch, dass ich es akzeptieren würde, sollte es doch eintreffen.
Am nächsten Tag wurde in einem kleinen Krankenhaus in Enugu bei mir Polio diagnostiziert. Ich sagte dem Arzt, dass ich das Gefühl hatte, Gott habe mich gewarnt. "Das wird Ihnen helfen, sich so gut wie möglich zu erholen", sagte er.
Nach drei Monaten im Bett hatte ich mich ein wenig erholt, aber meine Beine blieben teilweise gelähmt. Ich wurde nach Hause nach Amsterdam geflogen.
Zurück in den Niederlanden setzte ich die Arbeit mit der Moralischen Aufrüstung fort, vor allem mit Arbeitern im Hafen von Rotterdam. Im Jahr 1968 heiratete ich Josienne De Loor. Während dieser Zeit trat ich der Arbeiterpartei bei. Ich wurde Vorsitzender der Partei in Utrecht und war von 1977 bis 1998 mit zwei Unterbrechungen Mitglied des Stadtrats.
Seit ich zum ersten Mal in Caux war, beginne ich jeden Tag mit einer Zeit der Stille.
Seit ich zum ersten Mal in Caux war, beginne ich jeden Tag mit einer Zeit der Stille und suche nach Gottes Inspiration und Führung. Dies hat mir geholfen, das, was ich in Caux gelernt habe, in die Praxis umzusetzen.
Als die Pandemie begann, erinnerte sie mich an die Zeit, als ich vom Polio-Virus befallen war. Völlig unerwartet war ich im Alter von 26 Jahren gelähmt. Ich überlebte, war aber zunehmend auf einen Rollstuhl angewiesen. Würde ich jetzt, in meinen 90ern, an einem weiteren unerwarteten Virus sterben? Natürlich hoffte ich, dass es mich nicht treffen würde. Doch sollte es einen aus meiner Familie treffen, dann hoffte ich, dass ich derjenige sein würde und nicht mein Sohn oder meine Tochter, deren Partner oder meine vier Enkelinnen.
Was ist mein Rat an junge Menschen von heute? Sie sollten, wir wir damals nach dem Zweiten Weltkrieg, die Herausforderung annehmen, um eine neue Welt aufzubauen und jene Veränderung in ihrem Leben erleben, die sie dazu befähigen wird.
Was ist mein Rat an die jungen Menschen von heute? Sie sollen die Herausforderung annehmen, eine neue Welt aufzubauen.
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Diese Geschichte ist Teil unserer Serie "75 Jahre der Geschichten" über Einzelpersonen, die durch Caux eine neue Richtung und Inspiration für ihr Leben gefunden haben - eine Geschichte für jedes Jahr von 1946 bis 2021. Wenn Sie mehr über die Anfangsjahre von Initiativen der Veränderung und das Konferenzzentrum in Caux erfahren möchten, klicken Sie bitte hier und besuchen Sie die Plattform For A New World.
- Alle Fotos ausser 1985 und 1960s: Aad Burger
- Aad Burger in den 1960er Jahren: Copyright Roel Troost Utrecht
- Meeting in Caux 1985: Initiativen der Veränderung
- Korrekturlesung: Sebastian Hasse & Ulrike Ott Chanu