1967: Teame Mebrahtu – „Es ist nicht wichtig, wo ich lebe“
Von Stan Hazell
08/06/2021
Teame Mebrahtu kam 1967 nach Caux, fünf Jahre nachdem sein Heimatland Eritrea von Äthiopien annektiert worden war. Der Befreiungskampf – der drei Jahrzehnte andauern sollte – gewann zu diesem Zeitpunkt an Intensität. Der Widerstand gegen die Regierungspolitik hatte zu einem Studentenstreik geführt und alle weiterführenden Schulen waren geschlossen worden.
Als Dozent am Teacher Training Institute in Asmara hatte Teame Mitglieder einer internationalen Gruppe der Moralischen Aufrüstung (heute Initiativen der Veränderung) getroffen, die mit ihrem Film Freiheit durch das Land tourten. Die im Film dargestellten Werte spiegelten die Werte seiner eigenen geistlichen Erziehung als koptischer Christ wider. Aber das Konzept der Veränderung auf globaler Ebene war neu für ihn.
Seine Zeit in Caux war eine Offenbarung für ihn. Er war beeindruckt von der Mischung der vertretenen Länder, Kulturen und Religionen und von den Erfahrungen, die die Menschen miteinander teilten. Allmählich erkannte er, dass er seine Verbitterung gegenüber den Äthiopiern und den dort ansässigen US-Amerikanern, die ihn schlecht behandelt hatten, aufgeben musste, wenn er Eritrea helfen wollte. Er beschloss, dass er als Lehrer die Verantwortung hatte, einen Wandel herbeizuführen und sich dabei zuerst selbst ändern musste. Es war eine befreiende Erfahrung.
Seine Zeit in Caux war eine Offenbarung für ihn. Er war beeindruckt von der Mischung der vertretenen Länder, Kulturen und Religionen und von den Erfahrungen, die die Menschen miteinander teilten.
Zurück in Eritrea, das immer noch vom Studentenstreik beherrscht wurde, begann Teame mit dem Team der Moralischen Aufrüstung zu arbeiten. Er machte es sich zur Aufgabe, die Mentalität „Ich kann nicht viel gegen die Probleme tun“ zu negieren, und beschloss, durch Schweigen könne keine Veränderung geschehen.
Er war Redner bei einer Massenkundgebung, die die streikenden Studierenden davon überzeugte, zu ihrem Studium zurückzukehren – ein Akt, der wahrscheinlich blutige Zusammenstösse mit der äthiopischen Armee verhinderte. Später erzählten ihm einige der Studierenden, dass sie von seinem Vergleich, die Studierenden seien wie ein Flugzeug, dem der Treibstoff ausgegangen war und das auf einer mit Nägeln bepflanzten Landebahn zu landen versuchte, überzeugt worden waren.
Teame wurde später Direktor des Teacher Training Institute in Asmara und anschliessend Assistenzprofessor für Pädagogik an der Universität von Asmara. Nach der Machtergreifung des mörderischen Mengistu-Regimes 1974 war sein Leben in Gefahr und er suchte Asyl in Grossbritannien.
Als Flüchtling lehnte Teame Sozialhilfe ab und lieh sich Geld von Verwandten, um sich und seine Familie zu unterstützen. „Ich fand es wichtig, ein Bürger zu sein, der seinen Beitrag leistet, so wie ich es in der Gesellschaft, aus der ich kam, gewesen wäre.“ Er besuchte zunächst 100 Schulen im Südwesten Englands, um Kindern etwas über Afrika beizubringen und die Völkerverständigung zu fördern.
Man kann Probleme nicht mit Waffen lösen.
Danach machte er eine bemerkenswerte Karriere an der Bristol Graduate School of Education, wo er Studierende aus der ganzen Welt unterrichtete und betreute, von denen viele in ihren eigenen Ländern zu führenden Pädagoginnen und Pädagogen wurden. Er setzt sich leidenschaftlich dafür ein, Bildung als Werkzeug zu nutzen, um Veränderungen in einer gespaltenen Welt herbeizuführen: „Man kann Probleme nicht mit Waffen lösen.“
Einer seiner grössten Erfolge war eine grosse Konferenz in Bristol über multikulturelle Erziehung, die sich darauf konzentrierte, die schulischen Möglichkeiten für ethnische Minderheiten zu verbessern und alle Kinder für eine Welt ausserhalb ihrer Grenzen zu sensibilisieren.
Er setzte sich ausserdem weiterhin für die Verbesserung der Bildung in Eritrea ein. Zwischen 1986 und 1988, als die Feindseligkeiten noch andauerten, reiste er in die befreite Zone Eritreas, um Workshops für Schülerinnen, Schüler und Lehrkräfte durchzuführen, die sich unter Bäumen versammelten, während äthiopische MiG-Jets über sie hinwegflogen. Nach der Unabhängigkeit 1991 baute er eine Partnerschaft zwischen Eritrea und der Universität Bristol auf und bildete Pädagoginnen, Pädagogen und Bildungsbeauftragte aus.
Heute, im Alter von über 80 Jahren, hält er an seiner Überzeugung fest, dass jeder eine persönliche Verantwortung hat, ein Licht auf die Ungerechtigkeiten einer unvollkommenen Welt zu werfen, ganz egal, wie klein dieser Beitrag auch sein mal. Auch kleine Lichter können zu Leuchttürmen der Hoffnung werden. „Es ist nicht wichtig, wo ich lebe“, sagt er, „es ist nicht wichtig, wer ich bin. Wichtig ist die Rolle, die ich spiele.“
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Sehen Sie die Rede von Teame Mebrahtu bei einer Konferenz im Westminster Theater, London (1977) in dem Film aus unseren Archiven Choice for an Impatient World (16'01" - 16'28")
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Diese Geschichte ist Teil unserer Serie "75 Jahre der Geschichten" über Menschen, die durch Caux eine neue Richtung und Inspiration für ihr Leben gefunden haben - eine Geschichte für jedes Jahr von 1946 bis 2021. Wenn Sie mehr über die Anfangsjahre von Initiativen der Veränderung und das Konferenzzentrum in Caux erfahren möchten, klicken Sie bitte hier und besuchen Sie die Plattform For A New World.
- Foto oben: Jenny Matthews
- Eritrean: Across the Bridge, Mike Lowe, For A Change Magazine, 1987
- Film Choice for an impatient world: Initiativen der Veränderung
- Korrekturlesung: Teresa Healey