Genfer Friedensgespräche 2019: Vertrauen zählt

21. September 2019

03/10/2019

 

„Friedensarbeit eignet sich nicht für Pessimisten oder Idealisten“, erklärte Mediatorin Antje Herrberg am 21. September 2019 bei den diesjährigen Genfer Friedensgesprächen am Weltfriedenstag im Büro der Vereinten Nationen. „Sie müssen Menschen Hoffnung geben können, Sie müssen selbst glauben, dass es Hoffnung gibt. Deshalb ist es wichtig, dass Sie stets auf Ihre innere Stimme hören.“ Es erfordert Mut, sich für Frieden einzusetzen und Tag für Tag und bei jeder Begegnung Vertrauen aufzubauen.

 

Geneva Peace Talks 2019

 

 

Antje Herrberg, eine ehemalige Rednerin beim Caux Forum und Meditationsberaterin beim Europäischen Auswärtigen Dienst, war eine von acht Referentinnen und Referenten im Rahmen der Veranstaltung zum Thema „Vertrauen zählt“, die von Rainer Gude von IofC und Sarah Noble,  Kuratorin und Mitinitiatorin der Friedensgespräche, moderiert wurde. Ihre Geschichten über Vertrauensbildung in verschiedenen Kontexten zu hören war nicht nur inspirierend, sondern weckte auch Hoffnung auf Veränderung.

Wie Dina Alami, eine junge Aktivistin aus Schweden sagte: „Wenn man keine Hoffnung mehr hat, wird es gefährlich – wenn man nichts mehr zu verlieren hat, sich nirgends zugehörig fühlt. Das Gefühl der Hoffnungslosigkeit überwiegt, wenn man immer als Teil des Problems gesehen wird. Es erfordert Mut, das zu überwinden und wieder daran zu glauben, dass es Hoffnung gibt, genauso wie es Mut erfordert, wieder Menschen zu vertrauen.“

Eine junge Polizistin aus Kolumbien, Coronel Lurangeli Franco, stimmte dem zu: „Der erste Schritt ist immer mit einer gewissen Angst verbunden. Aber wie Eleanor Roosevelt einmal sagte: ‚Tue jeden Tag etwas, wovor du Angst hast. ‘ Wenn wir unsere Ängste überwinden, entdecken wir häufig, dass wir gar keine Angst hätten haben müssen.“

Mir ist im Gedächtnis geblieben, was Bernardo Arévalo de León sagte. Der ehemalige Diplomat, der jetzt in den Kongress von Guatemala gewählt wurde, bestätigte den derzeitigen Vertrauensverlust gegenüber politischen Institutionen und Behörden. Er stellte klar, dass man sich Vertrauen verdienen müsse,dies aber auch Engagement erfordere. „Engagiere dich weiter und hab Vertrauen, aber hinterfrage auch“, sagte er. „Hab Vertrauen, dann hinterfrage, ob du weiterhin vertrauen kannst, und baue dann dieses Vertrauen aus.“

Der preisgekrönte Filmemacher César Díaz unterstrich, fehlender Dialog sei einer der Hauptgründe für mangelndes Vertrauen. „Wir müssen nicht einer Meinung sein, aber wir sollten zumindest miteinander reden, in der Lage sein, uns über unsere Gedanken und Meinungen auszutauschen.“ Die persönliche Geschichte sei häufig von der kollektiven/gesellschaftlichen Geschichte geprägt. Er argumentierte, Dialog könne auf verschiedene Arten gefördert werden, unter anderem mittels Kunst und Film. Er stellte seinen Film über die ungelöste Geschichte Guatemalas vor, der, so hofft er, Austausch anregen und letztlich einen Beitrag zur Verarbeitung der persönlichen und gemeinsamen Erinnerung leisten wird. Seine Botschaft ähnelte der des Duo Pososhok, das Musik als Mittel für Katharsis und Kommunikation einsetzt und zweimal auftrat und von der UN durch nicht immer taktsicheres Klatschen begleitet wurde.

Mutig zu sein, bedeutet aber auch, seine Geschichte auf der Bühne der UN zu erzählen. Dina Alami gestand uns, dass sie nicht daran glaubte, dass sich irgendjemand für ihre Geschichte interessieren würde. Doch dann begann sie zu sprechen und entdecket die Wirkung. Zainab Nankya und Salama Ibrahim, die sich in Uganda bzw. Nigeria dafür einsetzen, interreligiöse Brücken zu bauen, mussten auch erst ihre Angst überwinden, hier zu sprechen – so wie damals, als sie beschlossen, sich kennenzulernen und einander zu vertrauen. Sie sind beide mit Narrativen über die „anderen“ aufgewachsen, die sie mittels Glauben, Hoffnung und der Entscheidung zu vertrauen abbauen konnten.

Ein Aufruf zum Handeln erfolgte von Mo Ibrahim, Gründer der Mo-Ibrahim-Stiftung, die gute Regierungsführung und Leadership in Afrika fördert. Er sagte der jungen Generation: „Es ist Eure Zukunft, nicht unsere. Handelt. Wählt.“ Es erfordere Mut, Dinge zu verändern und neue Systeme zu schaffen, aber ihm zufolge bestehen derzeit grosse Möglichkeiten.

Acht Geschichten, jede davon gründlich vorbereitet und gut geplant, in verschiedenen Sprachen und an keinem geringeren Ort als dem UN-Gebäude in Genf, organisiert vom Büro der UN in Genf, Interpeace und der Geneva Peacebuilding Platform. Bei IofC wissen wir sehr gut, dass Teilen von gut vorbereiteten und wahren Geschichten ein starkes Werkzeug ist, um zum Handeln zu inspirieren. Es stärkt die Rolle, die wir alle bei der Vertrauensbildung und Förderung langfristigen Friedens haben und schafft eine Verbindung zwischen persönlicher und globaler Ebene.

 

Text: Stephanie Buri

Fotos: Antoine Tardy for Interpeace

 

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