10 Tipps zur Schaffung eines sicheren Raumes

Von Brigitt Altwegg, Programmleiterin für Vertrauensbildung bei Initiativen der Veränderung Schweiz

06/09/2019

 

Ein sicherer Raum ist der Schlüssel für Dialog und Vertrauensbildung. Dennoch war ich bei vielen Veranstaltungen dabei, bei denen ich mich nicht wohl fühlte, obwohl behauptet wurde, sie seien sicher. Was also ist ein sicherer Raum und was ist notwendig, um einen solchen zu schaffen und zu erhalten?

Das Oxford Dictionary definiert einen sicheren Raum als „einen Raum (oder eine Umgebung), in dem (oder in der) sich eine Person oder eine Gruppe von Personen sicher sein kann, keiner Diskriminierung, Kritik, Belästigung oder anderem emotionalen oder körperlichen Schaden ausgesetzt zu sein“.

Hier sind zehn Erfahrungswerte, die ich bei meiner Arbeit bei Initiativen der Veränderung Schweiz für Vertrauensbildung und der Schaffung eines sicheren Raumes gewonnen habe:

1. Wählen Sie den physischen Raum sorgfältig aus. Er sollte die physische Sicherheit der Teilnehmenden gewährleisten, sich auf neutralem Boden befinden und ihren kulturellen Normen entsprechen. Er sollte ausserdem in einer inspirierenden, natürlichen Umgebung verortet sein, die den Teilnehmenden hilft, sich zu entspannen, zu sich selbst zu finden und mit anderen in Kontakt zu treten. Das Caux Konferenz- und Seminarzentrum, das sich oberhalb des Genfer Sees mit Blick auf die Schweizer Alpen befindet, ist ein Beispiel für einen solchen Raum.

Caux Palace Terrace Sunset TIP 2019

2. Stimmen Sie Ihren Empfang und Ihre Gastfreundschaft auf den Einzelnen ab.  Betreuen Sie die Teilnehmenden so, dass sie sich wie zu Hause fühlen und sich auf den anstehenden Dialog konzentrieren können. Beim jährlichen Caux Forum zum Beispiel ist ein ganzes Team im Einsatz, das die Teilnehmenden am Bahnhof empfängt und spezielle Wünsche entgegennimmt, auch was das Essen betrifft.

3. Stellen Sie sicher, dass die Gruppe integrativ und bunt gemischt ist, was Geschlecht, Alter, ethnische Herkunft, Religion, politische Ansichten und all das betrifft, was für die Menschen im Raum wichtig ist, damit ein breites Spektrum an Sichtweisen geteilt und gewürdigt werden kann. Es ist hilfreich, frühzeitig herauszufinden, woher die Teilnehmenden kommen, was ihre Erwartungen oder Hoffnungen sind sowie auf vertrauenswürdige lokale Vertreterinnen und Vertreter, Teams und Partnerinnen und Partner zurückzugreifen, die Ihre Arbeit unterstützen können. So hat beispielsweise Initiativen der Veränderung Schweiz über Initiativen der Veränderung International Zugang zu einem lokal verankerten globalen Netzwerk.

Safe space

4. Bereiten Sie bei der Vorbereitung der Veranstaltung oder des Dialogs die Eröffnung sorgfältig vor. Ihre Einleitung sollte unvoreingenommen sein. Verwenden Sie eine verständliche, zugängliche und integrative Sprache, mit der Sie den Teilnehmenden auf menschlicher Ebene begegnen und sie von Anfang an aktiv einbeziehen. Der Anfang gibt den Ton an und bildet den Boden, auf dem die Teilnehmenden tragfähige Beziehungen aufbauen können, die auch konträren Meinungen standhalten. Initiativen der Veränderung setzt oft Facilitationsteams ein, die bereits einen Vertrauensbildungsprozess gemeinsam durchlaufen haben. Dies ermöglicht es ihnen, auf die verschiedenen Personen im Raum einzugehen und zeigt ausserdem, dass Vertrauen zwischen Menschen mit unterschiedlichen Persönlichkeiten und Hintergründen möglich ist. 

5. Legen Sie Grundregeln oder Richtlinien fest, die sich die Gruppe zu eigen macht. Es ist hierbei sinnvoll, vier Punkte im Auge zu behalten: die Art der gegenseitigen Interaktion und Kommunikation, die Art und Weise, wie Informationen ausserhalb der Gruppe ausgetauscht werden (das betrifft insbesondere das Verständnis von Vertraulichkeit), praktische Aspekte, die eine effektive Sitzung gewährleisten sowie Regeln für eine Entscheidungsfindung.

6.      Achten Sie darauf, dass Sie genügend Zeit für Ihren Dialog oder Ihre Veranstaltung einplanen. Es braucht Zeit, bis sich Beziehungen entwickeln und Vertrauen aufgebaut ist. Während anderswo Programm- und Budgetbeschränkungen dazu führen, dass Meetings, Veranstaltungen und Workshops verkürzt werden, ermöglicht Initiativen der Veränderung Schweiz mit dem einmonatigen Caux Peace and Leadership-Programm und dem Caux Scholars-Programm den Teilnehmenden, tiefe Verbindungen aufzubauen, die jahrelang, wenn nicht sogar ein Leben lang, andauern.

7. Bringen Sie Gespräche auf eine persönliche Ebene, um Verallgemeinerungen zu vermeiden, Empathie zu erzeugen und das Bewusstsein für die menschliche Verbundenheit zu stärken. Indem der Schwerpunkt auf die Beziehungsebene gelegt wird, kann Vertrauen aufgebaut werden. Dieses Vertrauen wiederum kann später helfen, Durchbrüche in der Diskussion der Themen zu erzielen. Initiativen der Veränderung setzt Methoden der stillen Reflexion und des Austauschs persönlicher Erfahrungen ein, um Verständnis und Vertrauen zu schaffen.

8. Schaffen Sie einen Raum, in dem Geschichte anerkannt und Verantwortung für die Zukunft übernommen wird, damit die Teilnehmenden nicht in alten Paradigmen stecken bleiben, sondern in der Diskussion vorankommen können. Es ist wichtig, dem, was die Teilnehmenden sagen wollen, Raum zu geben und zu paraphrasieren bzw. zu „übersetzen“, wenn sich Teilnehmende auf eine Weise äussern, die andere verletzen könnte.

9. Achten Sie darauf, die Teilnehmenden einzeln zu begleiten, und zwar vor, während und nach der Veranstaltung. Das bedeutet, einer Person über einen längeren Zeitraum hinweg zur Seite zu stehen, ihr Raum zu geben, über ihre Erfahrungen und ihren Lernprozess nachzudenken und Gefühle auszutauschen, sowie sie letztendlich in ihren persönlichen Bemühungen zu motivieren und gemeinsam Erfolge zu feiern.  

10. Nicht zuletzt sollten Sie sich über Ihre eigene Haltung und Ihre Facilitationsmethoden im Klaren sein. Es geht nicht um Qualifikationen, Praktiken oder persönliche Ambitionen, sondern um die Fähigkeit, voll und ganz präsent zu sein und den sicheren Ort liebevoll zu erhalten – dies alles im uneingeschränkten Dienst an den Teilnehmenden. Es geht um das Sein und nicht um das Tun und erfordert ein hohes Mass an Selbsterkenntnis und Selbstlosigkeit, welches nur im Laufe der Zeit entwickelt werden kann. Neben den vier Kernwerten (Ehrlichkeit, Reinheit der Motive, Selbstlosigkeit und Liebe), die als Leitfaden dienen können, ist die stille Reflexion bei dieser Arbeit für Initiativen der Veränderung ein Schlüsselinstrument.

Wenn Sie mehr über Gruppendialogleitung und Facilitation erfahren möchten, besuchen Sie das Facilitationstraining vom 28. bis 31. Oktober 2019 in Genf.

Wir bieten ausserdem einen Facilitationsservice für Ihre Veranstaltung oder Meetings an!

 

 

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