Winterbegegnung 2016/17 in Caux: Nichts ist so beständig wie der Wandel!

26. Dezember 2016 - 1. Januar 2017

06/01/2017
Caux Winter Gathering

 

Nichts ist so beständig wie der Wandel!
Winterbegegnung 2016/17 in Caux

Für die meisten Menschen sind die Tage zwischen Weihnachten und Neujahr eine besondere Zeit - und dies nicht nur auf Grund von Kerzen, geschmückten Tannenbäumen und Geschenken. Es ist eine Zeit, die auf natürliche Weise jeden von uns dazu einzuladen scheint, auf Vergangenes zurückzublicken, unser derzeitiges Leben genauer unter die Lupe zu nehmen und uns auf das vorzubereiten, was uns im neuen Jahr erwartet.

Was geschieht also, wenn 85 Menschen allen Alters aus 16 verschiedenen Ländern, 4 Kontinenten und unterschiedlichster Herkunft zusammenkommen und sich Zeit nehmen, über das Thema "Wandel" und seine Auswirkungen auf ihr Leben nachdenken?

Auf dem Programm der diesjährigen Winterbegegnung in Caux gab es ausser Vorträgen, Diskussionsgruppen und täglichen Kunstprojekten auch viel Musik, Zeiten der Stille und Spass, während strahlender Sonnenschein den perfekten Hintergrund für einen atemberaubenden Ausblick auf den Genfer See bot.

Jeden Morgen gaben eine Zeit der Besinnung und ein Plenum dem Tag seine Richtung und boten Input und Gedankenanstösse, die nachmittags von den lebhaften Gesprächsgruppen erneut aufgenommen wurden. Diese Gruppen waren für alle Teilnehmenden - Erwachsene, Teenager und auch Kinder - wertvolle Momente, um sich gegenseitig besser kennenzulernen, gemeinsam zu arbeiten und persönliche Erfahrungen und Ideen auszutauschen.

Vor 2500 Jahren erklärte der griechische Philosoph Heraklit: "Nichts ist so beständig wie der Wandel." Wenn dies stimmt, stellt sich die Frage, wie sich dies auf uns auswirkt - auf uns als Individuum, als Teil unserer Gesellschaft, unseres Landes und der Welt. Wie gehen wir mit diesen ständigen Veränderungen um, ob wir sie nun wollen oder nicht?

In einer Gesellschaft, die einem rasanten Wandel ausgesetzt ist, ist interkulturelle Kommunikationso wichtig denn je zuvor. In ihrer Ansprache am ersten Konferenztag forderte Sylvia Agbih (Deutschland), Doktorandin eines Forschungsprojekts der Universität Bielefeld über Gesundheitsfürsorge für Flüchtlinge in Deutschland, das Publikum auf, über die Frage der eigenen Identität nachzudenken, zu entdecken, wie wir andere wahrnehmen und sich damit auseinanderzusetzen, wie wir mit dem Aufeinandertreffen verschiedener Kulturkonzepte in unserer Gesellschaft umgehen. Sie erklärte, die menschliche Natur tendiere zwar dazu, das Leben in vereinfachte Muster einzuordnen und entsprechend zu interpretieren, um die zahlreichen Informationen, die auf uns einströmen, verarbeiten zu können. Trotzdem könnten wir lernen, Abstand zu nehmen, nachzudenken und Menschen ihre Geschichte erzählen zu lassen, um sie besser verstehen zu können. Ihre Schlussfolgerung endete mit einer positiven Note: Wir KÖNNEN uns ändern!

Ihr Mann Paul Agbih (Nigeria/Deutschland) vermittelte dem Publikum eine ebenso wertvolle Lektion in Sachen interkulturellem Verständnis. Er begann seinen Bericht mit einer Aufzählung negativer Erlebnisse aus seinem Alltag als Nigerianer in Deutschland, unterbrach sich jedoch nach einer Weile und sagte: "Ich glaube nicht an einseitige Geschichten. Bei einseitigen Erzählungen kommt immer einer schlecht weg. Man braucht beide Seiten der Medaille, um den Überblick zu behalten." Anschliessend brachte er mit Berichten von positiven Begegnungen in Deutschland alle zum Lächeln.

Der zweite Konferenztag beschäftigte sich mit der Annahme, dass jeder von uns als "Kind seiner Zeit" nicht nur durch die Gesellschaft sondern auch von der eigenen Familie geprägt wird. Ragna Reuter, eine junge Ärztin aus Deutschland, sagte über Kommunikation in ihrer Familie: "Missverständnisse entstehen sehr schnell. Es dauert meistens jedoch sehr viel länger, sie wieder zu beheben." 

Das Plenum des dritten Tages begann mit einer Challenge: "Wieviele Planeten braucht es, um meinen Lebensstil zu ermöglichen?" Die Teilnehmenden füllten einen Fragebogen aus, um herauszufinden, wie nachhaltig ihr aktueller Lebensstil tatsächlich ist. Anschliessend wurden positive Beispiele neuer Projekte und Start-Ups vorgestellt, die aufzeigten, wie ganz normale Menschen in ihrem Umfeld Ausserordentliches erreichen können. "Wir müssen den Menschen Wissen weitergeben, damit sie tatsächlich etwas verändern können.", betonten die Moderatoren Dafne Manzano (Spanien), Martin Healey (Deutschland) und Diego Vargas Diaz (Mexiko). Christoph Keller (Schweiz), Facility Manager des Caux Palace, erklärte, wie das neue Heizungssystems (80% Holz/20% Heizöl) durch das Engagement der Stiftung CAUX-IofC für mehr Nachhaltigkeit den CO2-Ausstoss des Gebäudes erheblich verringern konnte. 

Am vierten Tag ging es darum, Veränderung durch das Schaffen neuer (Frei-)Räume in die Wege leiten zu können. Die Teilnehmenden wurden in Gruppen aufgeteilt, die in verschiedenen Teilen des Gebäudes Aufgaben bewältigen mussten. Anschliessend wurden die Ergebnisse ins alltägliche Leben "übersetzt", wie beispielsweise die Frage: "Woher weiss ich, wann genug wirklich genug ist - oder sogar zu viel?" Dabei wurde das Beispiel eines leeren Glases benutzt, das die Teilnehmenden mit verbundenen Augen mit Wasser füllen sollten, ohne dabei etwas zu verschütten. 

Der 31. Dezember war einem Jahresrückblick gewidmet - und einem Blick nach vorne. Eine Dia-Show zeigte Ereignisse des vergangenen Jahres aus aller Welt und erinnerte alle daran, wie schnell und wie viel wir im Laufe eines Jahres vergessen. Sie zeigte ausserdem deutlich, wie sehr die Welt, in der wir leben, einem ständigen Wandel unterworfen ist.

Am Ende des Jahres überreichten sich die Teilnehmenden gegenseitig selbstgemachte Party-Hüte. 85 verschiedene Hüte für 85 unterschiedliche Menschen - besser hätte das Konzept Vielfalt kaum auf den Punkt gebracht werden können!

Lauren Beckwith (USA), Studentin in Passau, über ihre ersten Erfahrungen in Caux:
“Die Themen waren toll und ein Anstoss, meinen persönlichen Blickwinkel zu überdenken. Durch meine Reaktion auf andere Teilnehmende habe ich viel über mich selbst gelernt.

Ich habe es genossen, Teil eines Teams zu sein. Wir waren für das Frühstück verantwortlich und ich fand es super, danach frei zu haben. Aber ich habe auch gelernt, für die anderen dankbar zu sein, die weitere Aufgaben im Haus übernommen hatten und es mir damit ermöglichten, den Rest des Tages zu geniessen. In Caux hatte ich das Gefühl, dass mir wirklich zugehört wurde und dass das, was ich sage, wichtig ist. Es ist ein gutes Gefühl, wenn einem zugehört wird. Ich gehe hochmotiviert zurück nach Hause."

Marie-Christine Nibagwire (Ruanda/Grossbritannien), Pfarrerin und Gründerin von “Saferefugerwanda”, kam als alleinerziehende Mutter mit ihren Kindern nach Caux:  
“Ich musste Ruanda 1994 auf Grund des Völkermordes verlassen und verlor dabei mein Zuhause und viele Familienmitglieder. Ich kam nach Caux, weil meine Kinder jedes Jahr fagten: 'Wie kommt es, dass wir Weihnachten immer alleine sind? Wie war Weihnachten mit deiner Familie in Ruanda, als du Kind warst?' Am Schluss waren sie so frustriert darüber, Weihnachten immer nur im kleinsten Familienkreis zu feiern, dass ihnen nicht einmal der Weihnachtsbaum wirklich wichtig war.

Als ich von Caux und der Winterbegegnung hörte, hatte ich das Gefühl, unsere Gebete seien erhört worden. Wir kamen in der Hoffnung, Teil der erweiterten Caux-Familie zu werden und unser Traum hat sich erfüllt. Wir waren rund 60 Menschen aus mehr als 15 Ländern. Wir schmückten gemeinsam den Baum, sangen Weihnachtslieder, spielten Spiele und tauschten Geschenke aus.

Meine Kinder und ich kamen voller Freude zurück nach Hause und danken sowohl all denen, diese Veranstaltung organisiert haben als auch denjenigen, die uns so herzlich willkommen geheissen und als Teil ihrer Familie aufgenommen haben."

Winter Gathering, Caux

Bericht: Ulrike Ott Chanu

Fotos: Diana Topan

 

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